Werkstatt: Wartung von Assistenzsystemen im Fokus
Spurhalte- und Notbremsassistent gehören seit 2015 in allen neuen Lkw zur Serienausstattung. Für die Werkstätten bedeutet das, sich auf die Wartung und Justage der Assistenzsysteme einzustellen.
Was kann passieren, wenn Kamerasystem oder ACC-Sensor falsch positioniert sind, etwa nach einem Unfall? „Im schlimmsten Fall glaubt der Lkw während der normalen Fahrt, eine Notsituation zu erkennen, die real gar nicht existiert, und leitet eine Vollbremsung ein“, erklärt Nils Westphalen, Leiter Vertrieb beim Werkstatttechnikhersteller Haweka. Daher müssen nach einem Scheibenwechsel oder einem Unfall mit Frontschaden die Systeme neu kalibriert werden. Auch bei einem Steinschlag oder einer sonstigen Beschädigung des Sensors muss die Werkstatt ran.
Längst sind noch nicht alle Servicebetriebe mit den entsprechenden Geräten ausgestattet, doch die Nachfrage steigt laut Westphalen im Moment kräftig an. Mittlerweile gehören sogar auch viele Scheibendienste zu den Kunden von Haweka, denn nach einem Scheibentausch muss die an der Frontscheibe fest montierte Kamera neu kalibriert werden.
Dabei handelt es sich hier rechtlich um eine Grauzone: Nach einem Scheibenwechsel muss das Fahrzeug anschließend wieder betriebssicher sein. Mit einer nicht kalibrierten Kamera ist das theoretisch nicht der Fall – der Lkw müsste zur Kalibrierung irgendwie in die nächste Vertragswerkstatt gelangen.
Kalibrierung gehört zum Pflichtprogramm
Auch für die Karosserie- und Fahrzeugbaubetriebe muss die Kalibrierung zum Pflichtprogramm gehören, denn der ACC-Sensor und die Kamera werden grundsätzlich nach der Hinterachse ausgerichtet. Wird die Achse versetzt, der Rahmen verlängert oder anderweitig bearbeitet, müssen die Systeme anschließend justiert werden.
Die Justierung erfolgt immer im Fahrzustand, was vor allem bei Bussen zu beachten ist. Zusätzlich muss der Luftdruck korrekt sein und das Fahrzeug muss auf einer ebenen Fläche stehen. Insgesamt dauert das Justieren des ACC-Sensors mit einiger Übung nur rund 20 Minuten, wobei Aufbau und Ausrichtung der Messanlage dabei die meiste Zeit beanspruchen – das Einstellen selbst geht dann schnell von der Hand. Die horizontale und vertikale Position des Sensors wird ähnlich wie beim Scheinwerfereinstellen mit zwei Schrauben angepasst.
Kalibrierung erfolgt über eine Software
Anders als bei dem ACC-Sensor wird die Kamera für den Spurhalteassistenten rein elektronisch über eine Software kalibriert, es gibt keine mechanische Einstellmöglichkeit.
Beim Justieren der Kamera kochen laut Haweka „alle Hersteller ihr eigenes Süppchen“. Für jeden Hersteller, und auch für verschiedene Fahrzeuge, bedarf es anderer Reflektoren. Auch die Abstände zur Kamera und die Toleranzen sind jeweils unterschiedlich.
Im Beispielfall steht der Reflektor exakt 1,70 Meter vor der Kamera, die Toleranz beträgt zwischen zehn und 20 Millimeter. Er ist exakt parallel und mittig zur Hinterachse ausgerichtet. Nils Westphalen steckt nun die Messkamera auf die Traverse und stellt mithilfe der Software die ACC-Kamera ein. Am Ende der Justage wird ein Protokoll erstellt, das sich ausdrucken lässt.
Das hier verwendete elektronische Prüf- und Einstellsystem SAD500/SAD4000 ergänzt das Achsvermessungssystem der Axis-Serie von Haweka und hat derzeit eine Freigabe von MAN, Scania und Volvo. Eine Freigabe von Mercedes soll in Kürze erfolgen. Für die Laservariante werden rund 4.000 Euro fällig, die Kameravariante als Aufrüstsatz für das Axis-Achsvermessungssystem kostet ab 4.900 Euro (allein die Kamera macht hier etwa 3.000 Euro aus). Eine Investition, die Scheibendienste und Werkstätten erst einmal wieder reinholen müssen.