Urteil: Verkehrsuntüchtiger Fußgänger bekommt volle Schuld
Wer denkt, dass ausschließlich Autofahrer ab einem gewissen Alkoholpegel nicht mehr am Straßenverkehr teilnehmen dürfen, liegt falsch. Ab 2,0 Promille im Blut gilt auch ein Fußgänger als verkehrsuntüchtig.
Wer nachts in diesem Zustand und mit dunkler Kleidung unterwegs ist, dem kann im Falle eines Unfalls die volle Schuld zugesprochen werden. Auf ein entsprechendes Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Jena (Urteil v. 15.06.2017, Az.: 1 U 540/16) weist die Website anwalt.de hin.
Im vorliegenden Fall war ein Mann nachts zu Fuß auf einer nicht beleuchteten Landstraße unterwegs. Da kein Seitenstreifen oder Gehweg vorhanden war, lief er auf der Fahrbahn und wurde dort von einem Auto erfasst. Der Betroffene hatte zu dem Zeitpunkt über 2,0 Promille im Blut und trug dunkle Kleidung.
Die Krankenkasse des verletzten Fußgängers musste die Behandlungskosten zunächst übernehmen. Jedoch bringt das Führen eines Fahrzeugs die sogenannte Betriebsgefahr mit sich. Deshalb wollte die Krankenkasse auch die Fahrerin in die Pflicht nehmen.
Das OLG Jena sah die Schuld jedoch allein bei dem verletzten Fußgänger, da dieser in seinem Zustand nicht mehr am Verkehr hätte teilnehmen sollen. Zudem wäre es auch für ihn möglich gewesen, dem herannahenden Auto auszuweichen.
Bei der Autofahrerin sah das Gericht keinerlei Schuld, da keine typische Situation vorlag, bei der zum Beispiel ein Auto auf einen unbeleuchteten Gegenstand auffuhr. Eine dunkel gekleidete, verkehrsuntüchtige Person, die plötzlich auf der Straße auftaucht, sei damit nicht vergleichbar, meinten die Richter.
Auch eine Mithaftung allein aus der Betriebsgefahr heraus lehnte das OLG ab. Nach dessen Ermessen wog das Vergehen des betrunkenen Fußgängers so schwer, dass die allgemeine Betriebsgefahr keine Rolle mehr spielte.