Unternehmen schauen zu wenig auf indirekte Kosten
In Industrieunternehmen haben die Einkäufer meist nur den Teilepreis im Blick. Indirekte Kosten, die in der Lieferkette auch anfallen können, werden häufig zu wenig berücksichtigt. Dies ergab die Studie „Supply-Chain-Management in Industrieunternehmen“ von Emporias. Das Beratungsunternehmen ließ dazu rund 100 Einkaufs- und Logistikentscheider aus Industrieunternehmen ab 500 Mitarbeitern befragen.
Einfache Lösung der Sourcing-Frage
Demnach ist in 74 Prozent der Industrieunternehmen der Teilepreis weiterhin maßgebliches Auswahlkriterium für Lieferantenentscheidungen. „Einkäufer stehen gleich von mehreren Seiten unter Druck. Sie müssen mit einer Vielzahl von Lieferanten auf der ganzen Welt verhandeln, zu denen ihnen häufig nur rudimentäre Informationen vorliegen. Gleichzeitig stehen ihre Arbeitsergebnisse im Fokus der hauseigenen Controller“, sagt Carsten Jacobi, Geschäftsführer von Emporias. Da liege es nahe, bei Sourcing-Entscheidungen das einfachste Kriterium anzulegen: den Preis für das jeweils benötigte Teil. Laut Jacobi stehen aber längst bessere Bewertungsmethoden zur Verfügung, mit denen die Kosten der gesamten Lieferkette erheblich gesenkt werden können.
Mehrkosten für Transport
Denn die gewohnte Vorgehensweise bereite auch viele Probleme. So komme es bei Lieferanten mit besonders günstigen Teilepreisen etwa aus dem asiatischen Raum häufig zu ungeplanten Mehrkosten für Transport und Steuerungsaufwand. Könne ein Teil nicht rechtzeitig ausgeliefert werden oder ist es nicht pünktlich am geplanten Ort des Weitertransports, muss es teuer auf anderen Wegen beziehungsweise per Express bezogen oder kostspielig zwischengelagert werden. Hinzu komme ein hoher personeller Aufwand in der Logistikabteilung, nicht nur bei Liefer- oder Qualitätsproblemen, sondern auch mit Blick auf die Formalitäten und den Datenaustausch.
„Störungen in der Lieferkette sind bei den immer verzweigteren, eng getakteten Lieferanten- und Transportnetzwerken nicht ungewöhnlich“, so Emporias-Experte Jacobi. „Sie sollten aber unbedingt einkalkuliert werden, da sie die Gesamtkosten der Supply Chain stark nach oben treiben können. Die Ursachen fallen im Controlling häufig nicht auf.“ Vermeintliche Einsparungen im Einkauf tauchten dann an anderer Stelle als Mehrkosten auf, ohne dass die Zusammenhänge im System deutlich werden.
Blick auf die Gesamtkosten
Dass die eigene Supply Chain aber erhebliches Einsparpotenzial aufweist, davon ist jeder zweite Entscheider aus großen Industrieunternehmen laut der Emporias-Studie überzeugt. „Basis für Sourcing-Entscheidungen sollten die Gesamtkosten der Lieferkette sein. Diese können in den meisten Unternehmen aber nicht richtig abgebildet werden. Das ist das tiefer liegende Problem“, sagt Jacobi.
Unzureichende Datenmodelle
Hauptgrund für die mangelnde Transparenz sind der Emporias-Studie zufolge unzureichende Kostenrechnungs- und Datenmodelle im Controlling. So geben zwei Drittel der befragten Entscheider an, dass die Kosten ihrer Supply Chain nicht ausreichend zugeordnet und in Abhängigkeit zueinander ausgewiesen werden. Dabei gibt es dem Experten zufolge längst methodische Lösungen, etwa das Prinzip des „Total Cost of Supply Chain“ (TCSC). Zwar verfolgten viele Unternehmen inzwischen diesen Ansatz, scheiterten aber entweder daran, ein individuell für ihren Betrieb passendes Rechenmodell zu entwickeln oder die zur Berechnung notwendigen Daten zusammenzuführen.