Umdenken für die Umwelt
Wer eine klimafreundliche Logistik will, muss umdenken – Verlader, Spediteure, aber auch die Konsumenten. Dafür braucht es ferner einen ordnungspolitischen Rahmen: Der Staat muss deutlichere Anreize setzen, damit Transporte auf der Schiene statt auf der Straße erfolgen können. Das waren zwei der Erkenntnisse einer virtuellen Podiumsdiskussion zum Klimaschutz auf der 9. Konferenz Güterverkehr und Logistik des Bundesverkehrsministeriums (BMVI).
Zahlt der Endverbraucher mehr für eine grüne Logistik?
Werden Güter im Kombinierten Verkehr (KV) befördert, hat das seinen Preis. In der Regel ist er gegenüber dem Straßentransport – ausgeführt vielleicht noch von einem Frachtführer aus einem Niedriglohnland – die teurere Variante. Ob der Endverbraucher bereit ist, für einen nachhaltigen Transport mehr zu bezahlen, ist aber fraglich. Prof. Andrea Lochmahr, Dekanin des Studiengangs Umweltorientierte Logistik an der Hochschule für Technik in Stuttgart, sieht die Branche hier vor einer gewaltigen Aufgabe.
„Da bedarf es Aufklärung: Verbraucher müssen wissen, dass Transport und Logistik wesentliche Bestandteile der Wertschöpfung sind“, sagte sie und führte als Beispiel an, dass beim Kaffee das Aufbrühen oder beim T-Shirt das Waschen teurer sind als der Transport der Bohnen oder des Kleidungsstücks.
„Die Bürger sind sehr preissensitiv“, bestätigte Dr. Tobias Meyer, Vorstand für den Bereich Post und Paket Deutschland bei der Deutschen Post. Verbraucher hinreichend zu sensibilisieren, sieht er als eine Reise an, die noch erhebliche Zeit verschlingen wird. Das gilt für ihn aber nicht nur bezogen auf Privatkunden, sondern auch mit Blick auf öffentliche Auftraggeber. Es gebe eine erhebliche Nachfrage der öffentlichen Hand nach Transport- und Logistikdienstleistungen. „Dass sie die Vergabe an der Nachhaltigkeit ausrichtet, ist im Moment aber nicht der Fall.“
Auch Verlader müssen umdenken, wenn sie verlagern wollen
Umdenken müssen auch die Verlader, wenn Hauptläufe auf die Schiene verlagert werden sollen. „Verlader brauchen einen Stundenplan“, sagte Spediteur Horst Kottmeyer aus Bad Oeynhausen, zugleich Aufsichtsratschef des Bundesverbands Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL). Ihre Ware müsse zu einem bestimmten Zeitpunkt fertig sein, sonst fahre der Zug ohne sie ab. „Da ist der Lkw flexibler.“ Auftraggeber dahin zu bringen, dass sie ihre Sendungen rechtzeitig bereitstellen, sieht Kottmeyer als Herausforderung an. Was die Verbraucher angeht, setzt er auch auf eine Verhaltensänderung. „Muss ich mein Buch oder meinen Laptop unbedingt am selben Tag haben oder reicht es am nächsten Tag?“, fragte der Unternehmer. Im zweiten Fall können die Logistiker dahinter besser planen und bündeln – was der Umwelt hilft.
Um eine stärkere Nutzung der Schiene zu erreichen, ist nach Ansicht von DB Cargo-Chefin Dr. Sigrid Nikutta auch der Gesetzgeber gefordert. Sie spricht sich für einen verpflichtenden Einsatz von kranbaren Trailern aus. Darüber hinaus regt Nikutta eine Mautbefreiung im Vor- und Nachlauf zur Schiene oder eine Befreiung vom Sonn- und Feiertagsfahrverbot an, um den Wechsel auf die Bahn zu begünstigen. Damit könne die Abwärtsbewegung im Schienengüterverkehr gestoppt werden. DB Cargo hatte vor zehn Jahren noch die doppelte Menge an Gütern transportiert.
Nikutta: Schienengüterverkehr als Lebensader anerkennen
„Wir müssen den Schienengüterverkehr als Lebensader anerkennen, die wie der Personenverkehr, ihre Berechtigung hat“, erklärte die Bahn-Managerin. Auch eine Prämie für auf die Schiene verlagerte Sendungen nach dem Vorbild anderer Länder wie der Schweiz ist für Nikutta eine Option. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) lehnt diese nicht generell ab. „Allein Fördergeld wird aber nicht helfen“, sagte er zur Eröffnung auf eine Frage von Logistikunternehmer Axel Plaß und warb zugleich für weitere Schritte zur Automatisierung und zur Verbesserung der Schnittstellen zwischen den Verkehrsträgern.
Wie für die anderen Teilnehmer der digitalen Diskussionsrunde ist auch für Nikutta eine Stärkung der Schiene nur möglich, wenn in den Köpfen ein Umdenken einsetzt: Ausschlaggebend für die Vergabe sei beim Einkauf zurzeit noch der Preis. „Der Aspekt Umwelt kommt erst irgendwann.“