Tyczka Hydrogen baut H2-Tankstellen auf
Die Wasserstoff-Infrastruktur in Deutschland geht in die nächste Phase. Seit Ende Oktober ist bekannt, dass der Aufbau eines Wasserstoff-Kernnetzes in Deutschland beginnen kann. Tyczka Hydrogen produziert und vertreibt umweltfreundlichen grünen Wasserstoff. In Bayern baut und betreibt das Unternehmen aktuell drei H2-Tankstellen. Drei Monate nach dem Antrag der Netzbetreiber hat die Bundesnetzagentur den Aufbau genehmigt. Damit soll eine leistungsfähige Wasserstoff-Infrastruktur in Deutschland sichergestellt sein.
Für eine nachhaltige Wasserstoff-Infrastruktur ist grüner Wasserstoff notwendig. Er wird aus erneuerbarem Strom aus Wind- oder Solarkraftanlagen gewonnen und ist komplett CO2-frei. „Der Umbau des Energiesystems geht nur mit grünem Wasserstoff“, sagt Thomas Zorn, Geschäftsführer bei Tyczka Hydrogen, im Gespräch mit trans aktuell. Das Unternehmen aus Geretsried bei München produziert grünen Wasserstoff und liefert ihn aus.
Grüner H2 lässt sich laut Zorn gut regional erzeugen. Neben der nachhaltigen Produktionsweise ein weiteres Argument für Wasserstoff, den Tyczka Hydrogen gasförmig verkauft. Das Unternehmen, das zur Tyczka Gruppe gehört, stellt grünen Wasserstoff in Deutschland und Österreich her. In Pfeffenhausen (Landkreis Landshut) wird über die Gesellschaft Hy2B Wasserstoff, an der Tyczka Hydrogen Anteile hält, seit Mitte Oktober grüner Wasserstoff produziert und ausgeliefert.
Geschäftsbereich vor drei Jahren gegründet
Die Tyczka Gruppe, die seit 100 Jahren Industrie- und Flüssiggas herstellt, hat den Geschäftsbereich Wasserstoff erst vor rund drei Jahren gegründet. Wobei es durch das Industriegase-Geschäft bereits seit den 1980er Jahren H2 als Produkt im Unternehmen gegeben hat.
Solange es der Markt verlangt, verkauft Tyczka Hydrogen nach Angaben von Zorn weiterhin auch grauen Wasserstoff. Für die Produktion von grauem Wasserstoff werden fossile Quellen, in der Regel Erdgas, genutzt. Er ist also, anders als die grüne Variante, nicht klimaneutral. „Wir wollen nur noch grünen Wasserstoff verkaufen. Das ist unser Ziel“, so Zorn.
Den häufig vorgebrachten Vorwurf, dass bei der Wasserstoff-Produktion ein zu hoher Strom- und Energieverbrauch anfalle, entkräftet Zorn. Es entstehe dabei neben Energie auch Wärme. Diese könne zum Beispiel zum Heizen genutzt werden. Ein Merkmal von Wasserstoff sei eben diese Vielseitigkeit. „Grundsätzlich gilt: Strom ist effizient und Wasserstoff flexibel. Beides hat einen Wert und wird benötigt.“
Größter Anwendungsbereich ist die Mobilität
Der Wasserstoff von Tyczka Hydrogen kommt in der Industrie zum Einsatz, zum Beispiel in der Chemiebranche oder der Halbleiterindustrie, aber auch in Forschung und Entwicklung. Der größte Anwendungsbereich ist die Mobilität. Pkw, Busse, Züge, Sonder- und Nutzfahrzeuge können H2 als Treibstoff nutzen. Für Tankstellenbetreiber wie Tyczka Hydrogen sind Nutzfahrzeuge aufgrund des planbaren Betriebs und der großen Mengen, die getankt werden, ein wichtiger Absatzmarkt.
Für Fahrzeuge aller Art baut und betreibt das Unternehmen aktuell drei H2-Tankstellen: Im Güterverkehrszentrum (GVZ) Region Augsburg, in Schweinfurt und in Hofolding über die Gesellschaft Hy2B Wasserstoff. Fahrzeuge können an allen drei Tankstellen bei 350 bar und an zwei der drei auch bei 700 bar ausschließlich grünen Wasserstoff tanken. Laut Zorn oft das Kriterium, um eine Förderung zu erhalten.
Die Tankstellen in Augsburg und Schweinfurt fördert das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie mit je zwei Millionen Euro. Fünf Millionen Euro gab es für den geplanten Bau eines Elektrolyseurs, mit dessen Hilfe Wasser gespalten und Wasserstoff erzeugt wird. „Wir sind froh, dass es eine Landesregierung gibt, die uns unterstützt“, sagt Zorn. Die Förderung sei gut, um Anfangsrisiken abzufedern.
Auslastung der Tankstellen abhängig von den Fahrzeugen
Bei grünen Technologien funktioniere es selten ohne Anschub. „Es wird unterschätzt, was es heißt, eine Ladeinfrastruktur für Nutzfahrzeuge in Deutschland aufzubauen“, sagt der Geschäftsführer, der seit 15 Jahren im Bereich Wasserstoff tätig ist. Das Aus der KsNI (II)-Förderung des Bundes habe die Branche belastet. Die Auslastung der Tankstellen steht und fällt mit dem Hochlauf von Fahrzeugen mit Brennstoffzelle. „Wir sind auf den Einsatz der Fahrzeuge mit alternativem Antrieb angewiesen“, sagt Zorn. „Kraftstoff ist dabei eben nur Mittel zum Zweck.“
Wichtig ist ihm, dass keine Konkurrenzsituation zwischen Elektro- und H2-Fahrzeugen besteht. Und: Fahrzeuge mit alternativem Antrieb sollten kein Testmarkt mehr sein. „Investitionen in die H2-Betankungsinfrastruktur lohnen sich nur, wenn auch genug Fahrzeuge auf Deutschlands Straßen unterwegs sind, die Wasserstoff tanken. Ein starkes Engagement seitens des Staates, sei es durch den Einsatz eigener Fahrzeuge oder einer entsprechenden Förderung, wäre sehr wünschenswert.” In Augsburg gebe es viele Firmen, die mit Wasserstoff gerne durchstarten würden. Das scheitere aber auch an der Verfügbarkeit der Fahrzeuge.
Grüner H2 ist noch teurer als andere H2-Arten
Ein Kilogramm grüner Wasserstoff kostet bei Tyczka Hydrogen durchschnittlich 15 Euro. Die klimafreundliche Wasserstoff-Variante ist damit noch deutlich teurer als andere H2-Arten. Die Kunden müssten bereit sein, diese Mehrkosten zu tragen. „Wir arbeiten daran, die Kosten für grünen Wasserstoff zu senken“, so Zorn. Ein einstelliger Betrag sei das Ziel. Die Regulatorik spiele hier aber eine wichtige Rolle. Im Vergleich mit herkömmlichen Kraftstoffen könne grüner Wasserstoff mittelfristig mithalten. Mit einer dauerhaften Kostenparität rechnet Zorn Ende dieses Jahrzehnts – auch wegen der steigenden Steuer auf Benzin und Diesel. Der CO2-Preis pro Tonne steigt 2025 um zehn Euro, von 45 auf 55 Euro ohne Mehrwertsteuer.
Die CO2-Bepreisung oder der Aufbau des Wasserstoff-Kernnetzes sorgen bei Wasserstoffproduzenten wie Tyczka Hydrogen für einen Auftrieb. Im nächsten Jahr soll die Tankstelle im GVZ Augsburg, die nach einem Gasaustritt mit anschließender Verpuffung vorübergehend geschlossen ist, wieder in Betrieb sein. Ab Mitte nächsten Jahres wird die H2-Tankstelle von Tyczka Hydrogen im unterfränkischen Schweinfurt gebaut. Sie soll in der ersten Jahreshälfte 2026 eröffnen. Bei der Infrastruktur für H2-Fahrzeuge ist also einiges in Bewegung.
Das Unternehmen
• Tyczka Hydrogen ist seit 2021 ein Geschäftsbereich der Tyczka Gruppe, die in diesem Jahr ihr 100-jähriges Bestehen feiert.
• Sitz: Geretsried bei München
• Geschäftsführung: Dr. Frank Götzelmann, Thomas Zorn
• Rund 50 Mitarbeitende, teils aus anderen Bereichen der Tyczka Gruppe mit insgesamt rund 630 Mitarbeitenden.
• Produktion und Auslieferung von grünem Wasserstoff (seit 2022 mit 380 bar-Trailern).
• Drei H2-Tankstellen: im GVZ Region Augsburg (bald wieder in Betrieb), in Schweinfurt (Baubeginn 2025) und in Hofolding (über Hy2B Wasserstoff, eröffnet).
• Wasserstoffproduktions-Anlage in Pfeffenhausen über Hy2B Wasserstoff (im Testbetrieb).
Das Wasserstoff-Kernnetz
• Die Fernleitungsnetzbetreiber stellten am 22. Juli den Antrag für das Wasserstoff-Kernnetz.
• Die Bundesnetzagentur hat den Antrag am 22. Oktober genehmigt. Somit kann der Bau von Leitungen mit einer Gesamtlänge von 9.040 Kilometern beginnen – 600 Kilometer weniger als zunächst geplant.
• Rund 60 Prozent der Leitungen werden von Erdgas auf Wasserstoff umgestellt. Der Rest wird neu gebaut.
• Im Jahr 2032 soll das Netz fertig sein.