Traton: Umsatz und Ergebnis sinken
Für den Nutzfahrzeughersteller Traton war 2020 ein Jahr mit zwei Gesichtern. Das sagte Traton-Chef Matthias Gründler bei einem Pressegespräch. Dem Corona-bedingten Rückgang im ersten Halbjahr, verbunden mit Werksschließungen und Kurzarbeit, folgte eine regelrechte Aufholjagd. Das vierte Quartal war bereits deutlich stärker als die letzten drei Monate 2019.
Absatz von Traton sinkt um ein Fünftel
Dennoch hat die Kaufzurückhaltung infolge der Pandemie deutliche Spuren in den Traton-Zahlen hinterlassen: Der Umsatz im vergangenen Jahr sank gegenüber dem Vorjahr um 16 Prozent auf 22,6 Milliarden Euro, das bereinigte operative Ergebnis fiel um 1,7 Milliarden Euro auf 135 Millionen Euro, die Umsatzrendite um 6,4 Prozentpunkte auf 0,6 Prozent. Weltweit setzte das Unternehmen voriges Jahr 190.200 Fahrzeuge ab, ein Fünftel weniger als 2019.
Aufgrund der deutlichen Belebung im zweiten Halbjahr – der Auftragseingang stieg um 47 Prozent und der Absatz um 45 Prozent gegenüber dem ersten Halbjahr – geht das Traton-Management auch für 2021 von einem anhaltenden Wachstum aus. Für Europa erwartet CEO Gründler bei der Nachfrage eine Zunahme von 10 bis 15 Prozent. Er geht davon aus, das Traton bei einer Rendite von fünf bis sechs Prozent fast schon wieder an das Jahr 2019 anknüpfen kann.
Einigung zur Restrukturierung bei MAN
So sehr 2020 durch Corona auch erschwert war, so wichtig waren für Traton andere Ereignisse im vergangenen Jahr, die in verschiedenen Bereichen die Weichen für die Zukunft stellten: Mit dem Betriebsrat einigte sich das Management auf eine umfassende Neuausrichtung von MAN, vorangegangen waren mehrere Monate harter Auseinandersetzungen im Hinblick auf Werksschließungen und den geplanten Stellenabbau. Für das Omnibuswerk Plauen wurde mit dem Rettungswagen-Hersteller Binz Ambulance- und Umwelttechnik bereits ein Käufer gefunden, für die Produktionsstätte Steyr in Österreich ist MAN weiter auf der Suche.
Insgesamt müssen in Deutschland bis Ende des nächsten Jahres 3.500 Mitarbeiter gehen, ursprünglich wollte MAN in Deutschland und Österreich 9.500 Stellen streichen. Die Kosten für die Restrukturierung beziffert MAN auf einen höheren dreistelligen Millionenbetrag. Es handele sich aber um kein Sparprogramm, versicherte Vorstandschef Gründler. Die Neuausrichtung macht die Traton-Tochter seiner Ansicht nach zukunftssicher. Der Standort München etwa werde zum Innovationszentrum für die Elektromobilität aufgewertet.
Weitere wichtige Meilensteine für Traton im vergangenen Jahr hatten eine stark internationale Dimension: Scania kündigte an, 150 Kilometer nordwestlich von Schanghai eine 100-prozentige Tochterfirma zur Lkw-Fertigung zu gründen. Der Start der Serienproduktion in China ist für 2022 geplant. MAN ist im Reich der Mitte bereits tätig und mit einem Anteil von 25 Prozent plus einer Aktie am Unternehmen Sinotruk beteiligt. Traton will diese Kooperation noch deutlich ausbauen.
Übernahme von Navistar als Paukenschlag
Für einen Paukenschlag sorgte Traton auch auf einem anderen wichtigen Weltmarkt: Das Unternehmen aus München kündigte die vollständige Übernahme des US-Truck-Herstellers Navistar an. Bereits seit einigen Jahren war VW mit 16,8 Prozent an Navistar beteiligt. Für die komplette Übernahme muss Traton Medienberichten zufolge mehr als drei Milliarden Euro mobilisieren. Die Aktionäre des US-Unternehmens haben dem Deal bereits zugestimmt. Auf dem nordamerikanischen Markt gibt bislang Daimler den Ton an, Traton war mit MAN oder Scania dort noch nicht vertreten und sichert sich nun mit Navistar eine erhebliche Marktpräsenz.
Einen Meilenstein setzte Traton voriges Jahr auch beim automatisierten Fahren. Als erster Lkw-Hersteller erprobe Scania das automatisierte Fahren (SAE-Level 4) in Schweden auf einer öffentlichen Straße im Hub-to-Hub-Verkehr zwischen Södertälje und Jönköping, sagte CEO Matthias Gründler. Scania arbeitet hier mit dem Automatisierungsspezialisten TuSimple aus San Diego zusammen. Weitere Automatisierungsprojekte laufen bei MAN im Zusammenspiel mit der HHLA in Hamburg und der Duss am Kombi-Bahnhof Ulm.