Verschärftes Lkw-Fahrverbot in Tirol
Seit 1. Januar 2020 dürfen 13 Gütergruppen auf der Inntalautobahn A 12 zwischen Kufstein/Langkampfen und Ampass nicht mehr transportiert werden.
Die bisherige generelle Ausnahme für Lkw der Euroklasse VI wird außerdem auf die neuesten Fahrzeuge der Euroklasse VI eingeschränkt. Somit sind neben den bestehenden Ausnahmen nur mehr diese umweltschonendsten Lkw, ebenso Fahrzeuge mit Elektroantrieb oder Wasserstoff-Brennstoffzellentechnologie sowie befristet der Ziel- und Quellverkehr auch für ältere LKW-Euroklassen vom Fahrverbot ausgenommen.
„Ziel bleibt weiter Korridormaut“
Nach Ansicht von Landeshauptmann (LH) Günther Platter ist die Grenze der Belastbarkeit längst erreicht. „Ich will nicht tatenlos zusehen, wie Tirol weiterhin überrollt und unsere Luft ständig belastet wird. Mit unseren Rechtsexperten haben wir daher mit sektoralem Fahrverbot, Euroklassen-Fahrverbot und Blockabfertigungen einen Maßnahmen-Mix ausgearbeitet, um die Bevölkerung wirksamer vor der Lkw-Transit-Lawine zu schützen.“
Sein Ziel bleibt demnach nach wie vor die Umsetzung einer Korridormaut von München bis Verona, um die Straße für den Lkw-Verkehr teurer zu machen und die Frächter dazu zu bringen, die Güter auf der Schiene zu transportieren. Nur so können wir eine nachhaltige Entlastung unserer Bevölkerung erreichen“, erläutert Platter.
Begleitendes Monitoring
Für Landeshauptmann-Stellvertreterin Ingrid Felipe ist der eingeschlagene Weg fortzusetzen: „Unser begleitendes Monitoring zeigt, dass die Verlagerungswirkung des bestehenden sektoralen Fahrverbots überschaubar ist. Grund dafür ist die bisherige generelle Ausnahme der Lkw der Klasse Euro VI und die fortschreitende Flottenerneuerung.
Es ist zwar eine stetige Verbesserung der Luftqualität festzustellen, trotz alledem verzeichnen wir mit den schon bisher geltenden Lkw-Fahrverboten und dem Luft-100er an den autobahnnahen Messstellen nach wie vor Überschreitungen der Immissionsgrenzwerte. Es ist daher unsere Verpflichtung, die Fahrverbote zu verschärfen und weitere Verkehrsbeschränkungen zu erlassen, um die Bevölkerung zu schützen.“
Felipe verweist zudem auf das mit Jahresbeginn verbesserte Angebot der Rollenden Landstraße (Rola), ein schienengebundenes Lkw-Transportsystem.
„Mit dem verschärften Sektoralen Fahrverbot wird gleichzeitig die Rola-Hochlaufphase auf der Brennerroute starten. Damit schaffen wir zusätzliche Kapazitäten für einen klimafreundlicheren Transport auf der Schiene.“ Durch den Ausbau des Rola-Angebotes sollen bis Ende 2020 insgesamt 400.000 Lkw pro Jahr auf die Schiene verlagert werden können.
Ausnahmen für den Ziel- und Quellverkehr
Da neuere Schwerfahrzeuge ein besseres Emissionsverhalten als ältere Lkw haben und auch ein Anreiz für Unternehmen geschaffen werden soll, auf die beste Technologie umzurüsten, bleiben Lkw der Euroklasse VI, die ab dem 1. September 2018 erstmalig zugelassen wurden, vom Fahrverbot ausgenommen. Ebenso bleibt der Ziel- und Quellverkehr mit einer zeitlich gestaffelten Bindung an bestimmte Euroklassen vom Fahrverbot ausgenommen.
So sind Lkw der Euroklasse IV seit 1. Januar 2020 und Lkw der Euroklasse V ab 1. Januar 2023 vom Fahrverbot auch im Ziel- und Quellverkehr betroffen. Jene „Zone“, für die die Ausnahmen gelten, wird zum Teil befristet bis 31. Dezember 2020 in Ost-West-Richtung nach Bludenz und Feldkirch und nach Graubünden und Liechtenstein ausgeweitet, um eine vorübergehende stärkere Betroffenheit einzelner Regionen von diesen Fahrverboten zu berücksichtigen.
Der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) befürchtet wegen der verschärften Lkw-Fahrverbote eine „Wirtschaftsblockade ungeahnten Ausmaßes“ und hat die EU-Kommission aufgerufen, unverzüglich ein Vertragsverletzungsverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) einzuleiten, damit der freie Warenverkehr gewahrt bleibe.
Bislang hatte sich die Brüsseler Behörde angesichts der härteren Gangart Tirols beim sektoralen Fahrverbot als Vermittlerin gezeigt. In dem seit Jahren immer wieder hochkochenden Transitstreit sieht sie sich jetzt mit einem Hilferuf des BGL konfrontiert. Es drohten „Versorgungsengpässe für die Bevölkerung und die Wirtschaft nördlich wie südlich der Alpen“, heißt es in einem Brief der Verbandsspitze an die Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Viele kleine und mittelständische Transportunternehmen, die auch Italienverkehre spezialisiert hätten, fürchteten um ihr Fortbestehen.