Studie: Pro und kontra Lkw-Doppelbesatzung

26. Aug. 2021 Newsletter / Transport & Verkehr
Eine neue Studie der Kühne Logistics University (KLU) hat untersucht, ob und unter welchen Bedingungen Doppelbesatzungen für Lkw effizienter als Einzelfahrer sind. Demnach können Unternehmen mit einem Mix aus Einzel- und Zweierteams in ihren Lkw Kosten sparen - auch in Ländern mit hohem Lohnniveau. Der Studie zufolge muss für die Teamfahrten nicht unbedingt mehr Personal eingestellt werden.
Doppelbesatzungen auf langen Strecken im Vorteil
„Sehr viele Transportunternehmen setzen grundsätzlich nur eine Person pro Fahrzeug ein. Lediglich aus Sicherheitsgründen werden regelmäßig Teams eingesetzt“, sagt Asvin Goel, Professor für Logistik und Supply-Chain-Management an der KLU in Hamburg. Doppelbesatzungen sind aber vor allem auf langen Strecken im Vorteil, da der Lkw seltener aufgrund von vorgeschriebenen Pausenzeiten stehe und schneller sein Ziel erreiche. Co-Autoren der Studie sind Prof. Thibaut Vidal von der Ingenieurs-Hochschule EPM in Montréal und Dr. Adrianus Leendert Kok, Chefentwickler des niederländischen Software-Unternehmens Ortec.
Angst vor höheren Kosten oder Schwierigkeiten, überhaupt zusätzliche Fahrer zu finden, sind laut der Studie die Gründe, warum Unternehmen keine Doppelbesatzung einsetzen. Zudem fehle es an geeigneten Tools, um schnell und effektiv den besten Mix zur Aufteilung der Besatzungen zu finden.
Optimierung von Routen- und Fahreinsatzplanung
„Wir haben in unserer Studie einen Lösungsansatz entwickelt, mit dem Routen- und Fahrereinsatzpläne gleichzeitig optimiert werden können“, erklärt Goel. Zum Einsatz komme dabei ein eigens entwickelter Algorithmus, der den effizienteste Routen- und Fahrereinsatzplan identifiziere und feststelle, ob nur Einzelfahrer, Teams oder ein Mix aus beidem optimal für die geplanten Touren geeignet sei.
Bei der Simulation verschiedener Szenarien seien in fast allen Fällen die Kosten durch den Einsatz von Einzel- und Teambesetzungen signifikant gesenkt worden, auch bei kurzen Strecken. Da sich Fahrerinnen und Fahrer bei Doppelbesatzungen abwechseln könnten, seien die Reisezeiten inklusive aller Pausen und Ruhezeiten häufig deutlich kürzer als bei Einzelbesatzungen. Der Personalbedarf sei dabei nicht zwangsweise höher.
Erfolgreicher Test mit Praxisdaten
Innerhalb der Studie wurde der neue Ansatz mit anonymisierten Daten eines Kunden, der bereits die Planungstools von Ortec nutzt, getestet. Die Daten beinhalten Lieferorte, Verteilzentren und die gewünschten Lieferzeiten. Dabei ermittelten die Wissenschaftler für diesen Anwendungsfall ein Einsparpotenzial von im Schnitt 0,8 bis 3,5 Prozent der Kosten - durch den Einsatz von Teambesatzungen für einen Teil der Fahrzeugflotte statt dem alleinigen Einsatz eines Einzelfahrers. Im Rahmen zusätzlicher Testszenarien seien sogar Einsparungen von im Schnitt 5,6 bis 7,2 Prozent erreicht werden.
Laut der Studie lohnt es sich also für Unternehmen, den Einsatz von Zweier-Teams nicht mehr grundsätzlich auszuschließen. „Selbst wenn sehr hohe Löhne berücksichtigt wurden, zeigten unsere Experimente in vielen Fällen geringere Kosten für Fahrerteams“, sagt Goel.