Studie: Weniger Autos können Klima und Wirtschaft nützen
Nur wenn es deutlich weniger Autos, mehr Platz für Busse und Bahnen sowie für Radfahrer und Fußgänger gibt, kann der Verkehr klimaschonend und weniger gesundheitsschädlich werden. Das ist das Ergebnis einer Studie im Auftrag der Baden-Württemberg Stiftung zu einer zukunftsfähigen Mobilität im Südwesten. Für das Automobilland Baden-Württemberg ist die Untersuchung brisant. Angesichts der großen Bedeutung der Mobilitätswirtschaft gelte es, künftig die wirtschaftliche Basis in Baden-Württemberg bei gleichzeitigem Ressourcen- und Klimaschutz zu erhalten, wird betont.
Der Verkehrssektor verursacht mit einem Anteil von 32 Prozent den höchsten CO2-Ausstoß im Land, deshalb seien eine nachhaltige Mobilitätskultur und eine breite öffentliche Diskussion unabdingbar, unterstreicht die Umweltorganisation BUND Baden-Württemberg, die die Studie „Mobiles Baden-Württemberg“ angeregt hat. Die Untersuchung soll einen wissenschaftlich fundierten Beitrag zur laufenden Debatte leisten, wie Mobilität in Zukunft nachhaltig und aktiv gestaltet werden kann. Beteiligt waren daran neben dem Öko-Institut auch das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO), das Institut für sozial-ökologische Forschung (ISOE) und das IMU-Institut.
„Die Studie liefert aus wissenschaftlicher Sicht unbequeme Antworten und stellt die bisherigen Grundprinzipien der Verkehrspolitik in Frage“, sagte Brigitte Dahlbender, Vorsitzende des BUND Baden-Württemberg. In die Untersuchung eingeflossen sind unter anderem auch die Ansichten und Anregungen von Interessenvertretern wie Daimler, Porsche, Robert Bosch, Deutscher Bahn, DGB, IG Metall Baden-Württemberg oder Verkehrsverbünden. Insgesamt wurden drei Szenarien formuliert, die Entwicklungsmöglichkeiten bis 2030 und 2050 aufzeigen.
Dabei wurde klar, dass merkliche Verbesserungen bei Treibhausgasemissionen und Luftschadstoffen, beim Verbrauch von Endenergie und anderen Ressourcen sowie bei Lärm und Flächenverbrauch am ehesten mit einem deutlichen Rückgang der Pkw-Fahrleistung und des Pkw-Bestandes gelingen können. In jedem Fall ist in dem Bundesland, wo fast jeder sechste Arbeitsplatz direkt oder indirekt an der Autoindustrie hängt, mit einem deutlichen Verlust an Arbeitsplätzen zu rechnen.
Verlust an Arbeitsplätzen
Diese Zukunftsaussichten sollten dennoch als Chance für die Automobilwirtschaft gesehen werden, zeigen sich die Autoren überzeugt. Baden-Württemberg könne ein Leuchtturm für ökologische Industriepolitik im Mobilitätssektor werden und zeigen, dass ein nachhaltigkeitsorientierter Strukturwandel von Wirtschaft und Industrie langfristig auch ökonomisch sinnvoll und notwendig ist. Dabei reiche es nicht aus, allein auf technische Optionen zu setzen, um die Nachhaltigkeitsziele zu erfüllen, lautet die Botschaft: „Vielmehr ist auch ein Wandel im Mobilitätsverhalten weg vom motorisierten Individualverkehr - also eine Mobilitätswende - notwendig.“
Nachhaltige Mobilität biete mehr Lebensqualität
Doch davon gilt es nicht nur Politiker und Wirtschaftsführer zu überzeugen. Wichtig sei auch die gesellschaftliche Akzeptanz für den grundlegenden Wandel, heißt es in der Studie. Die Bürger müssen umsteigen, und da ihnen Verhaltensänderungen abverlangt würden, müssten sie in den Prozess einbezogen werden. Nachhaltige Mobilität biete mehr Lebensqualität durch weniger Lärm und Schadstoffe und mehr Lebensraum statt Parkraum. Dabei könne die Politik darauf bauen, dass die Autofixierung in Großstädten und Ballungsräumen bereits deutlich abnehme, heißt es.
Notwendig sei aber auch ein Angebot an umweltfreundlicheren Verkehrsformen zu günstigeren Preisen und eine Infrastrukturplanung, die auf Verkehrsberuhigung und Entschleunigung setze. Auf Bundesebene könne sich Baden-Württemberg dafür einsetzen, dass der Pkw bei den rechtlichen Rahmenbedingungen nicht mehr privilegiert wird. Die Straßenverkehrsordnung und das Personenbeförderungsgesetzt müssten entsprechend angepasst werden. Zum Schluss geben die Verfasser der Studie der Politik eine Mahnung mit auf den Weg: „Für eine Sicherstellung der wirtschaftlichen Tragfähigkeit Baden-Württembergs ist eine industriepolitische Strategie notwendig, die den Strukturwandel frühzeitig und aktiv gestaltet.“