Sozialdumping an den Terminals
Logistikunternehmer Jochen Köppen aus Duisburg geißelt Sozialdumping an den Terminals des Kombinierten Verkehrs und fordert eine verbindliche Bezahlung nach Tarif.
Kombinierter Verkehr ist gut fürs Klima, spart Lenkzeiten, entlastet die Straße und bringt Spediteuren eine höhere Tonnage. Er hat aber auch seine Schattenseiten. Wer sich die Situation an den Binnenterminals anschaut, stellt fest, dass ganze Flottenanteile mittel- und osteuropäischer Unternehmer dort stationiert sind und die Fahrer unter teilweise erschreckenden Bedingungen dort hausen.
Über das hässliche Gesicht des Intermodalverkehrs spricht nun ein mittelständischer Transport- und Logistikunternehmer nicht mehr hinter vorgehaltener Hand, sondern offen und unverblümt. Er ist mit diesen Auswüchsen ständig konfrontiert und möchte mit einem von ihm selbst verfassten Positionspapier Politik, Gesellschaft und allen Akteuren in diesem Segment die Augen öffnen und Abhilfe schaffen.
Der Schlüssel für bessere Arbeitsbedingungen und damit einen fairen Wettbewerb ist eine bessere Bezahlung. Spediteur Jochen Köppen aus Duisburg, der das Positionspapier verfasst hat, geht weit über die Forderungen der Verbände hinaus. Er macht sich für eine Sache stark, die für einen Arbeitgeber bemerkenswert erscheint: Lohntarifpflicht für das Güterkraftverkehrsgewerbe. „Um die Arbeitsplätze im Güterkraftverkehr in die Mitte der Gesellschaft zurückzubringen, ist es notwendig, die Entlohnung insofern zu reglementieren, als dass die jeweiligen Tarife zur Vorgabe gemacht werden“, erklärt Jochen Köppen. Hand in Hand gehen müsse dies durch einen „ausreichenden Schutz gegen gebietsfremde Anbieter und eine starke Überwachungsdichte, gepaart mit nachhaltigen Sanktionen“. Sonst sei dies nicht möglich, räumt er ein. Köppen, Jahrgang 1963, ist geschäftsführender Gesellschafter des auf Lagerung, Reinigung, Reparatur und Transport von Tankcontainern spezialisierten Unternehmens Köppen in Duisburg, das 150 Mitarbeiter beschäftigt und voriges Jahr 15 Millionen Euro umsetzte.
Versagen der Marktmechanismen
Von alleine wird sich die Situation nach Einschätzung von Köppen nicht verbessern. Das liege daran, dass Marktmechanismen, wonach ein Fahrermangel zu höheren Löhnen führt, versagen – die Betriebe und ebenso der Organisationsgrad seien zu klein. Gerade bei den Nahverkehrsunternehmen gebe es oft schwierige Verhältnisse, teils mit Migrationshintergrund. „Insofern ist der staatliche Eingriff in die Tarifautonomie gerechtfertigt.“
Der Gesetzgeber ist laut Jochen Köppen aber auch in anderer Hinsicht gefordert, die Weichen richtig zu stellen. Ein Dorn im Auge ist ihm besonders die Kabotage-Befreiung von Vor- und Nachläufen im Kombinierten Verkehr (KV). Stehen diese vor- und nachgelagerten Straßentransporte in Verbindung zu einem internationalen Hauptlauf auf der Schiene, gelten in Deutschland aktuell keine Einschränkungen. „Die dauerhafte Durchführung der lokalen Verkehre durch Fahrzeuge aus anderen europäischen Staaten ist statthaft“, kritisiert Köppen. „Die Ansiedlung gebietsfremder Fahrzeuge und des Fahrpersonals wird staatlich gefördert.“ Lokal ansässige Güterkraftverkehrsunternehmen würden aus dem Markt gedrängt. Damit müsse Schluss sein. Köppen fordert, die Vor- und Nachläufe als nationale Transporte zu betrachten und sie der Kabotage zu unterwerfen.
Logistikunternehmer Köppen schätzt, dass allein an den KV-Standorten in Nordrhein-Westfalen entlang der Rheinschiene mehr als 1.000 fremde Zugmaschinen dauerhaft im Einsatz sind. „Die Fahrer wohnen in ihren Kabinen und in prekären Verhältnissen“, beschreibt er. „Die Unterbringung, sanitäre und sonstige Versorgung der Kraftfahrer ist aus lokaler Sicht völlig desolat.“ Köppen gibt gleichzeitig zu bedenken, dass aus Sicht der betroffenen Kraftfahrer, die ihre heimatlichen Wohnverhältnisse und Verdienstmöglichkeiten vor Augen haben, die Situation in den KV-Terminals ausreichend erscheinen mag.
Die fragwürdige Unterbringung und Versorgung der Fahrer aus den mittel- und osteuropäischen Ländern führt für Köppen nicht nur zu einer sozialen Isolation. Auch die notwendige Erholung bleibe auf der Strecke – was sich auf die Fahrtüchtigkeit auswirke. Für den Unternehmer, der auf Sicherheit bedacht ist und mit flüssigen Chemikalien Gefahrgut abwickelt, ist dieser Aspekt ebenfalls von Bedeutung. Ein Lichtblick für Jochen Köppen ist die Regelung im EU-Mobilitätspaket, wonach gebietsfremde Fahrzeuge nun regelmäßig an ihre Standorte zurückkehren müssen. Es fehle aber die behördliche Überwachung. „Polizei und Bundesamt für Güterverkehr stehen dem Treiben offensichtlich machtlos gegenüber“, analysiert Köppen.
Zwar sei 2019 ein erweiterter digitaler Tachograph auf den Markt gekommen – angesichts des Altersdurchschnitts der lokalen Fahrzeuge sei aber erst in einem Jahrzehnt mit entsprechenden Erkenntnissen durch die Tachographen-Aufzeichnungen zu rechnen. Köppen regt daher an, die Daten des Lkw-Mautsystems zu nutzen, um die Dauer des Verbleibs von Fahrzeugen innerhalb der Bundesrepublik nachzuvollziehen.
Parkplätze einschränken oder bepreisen
Neben der Kontrolle müsse der Staat die gebietsfremden Flotten auch ordnungs- und abgabenpolitisch in die Pflicht nehmen, verlangt Unternehmer Jochen Köppen – zum Beispiel, indem er die Parkplätze bepreist oder Parkverbote verhängt. Auch müsse der Staat dafür Sorge tragen, dass die Unternehmen dort Steuern und Abgaben zahlen, wo sie dauerhaft tätig sind – in dem Fall nicht in ihren Heimatländern.
Unternehmer Köppen will mit seiner schonungslosen Analyse nicht den Kombinierten Verkehr infrage stellen. „Er ist umwelt- und sozialpolitisch sinnvoll“, betont er. Aber: „Der Kombinierte Verkehr schafft lokale Armutsverhältnisse.“ Genau mit diesen Worten hat er sein neun Seiten starkes Positionspapier überschrieben und will damit nun eine Diskussion anstoßen, damit nicht nur die Auflieger, Container und Wechselbrücken sicher und pünktlich verkehren können, sondern es auch für die damit in Verbindung stehenden Unternehmen und ihre Mitarbeiter rund läuft.