Motorradsaison: „Beim Fahren hellwach sein“
Wer sich im Frühjahr wieder auf sein Motorrad schwingt, muss sich umstellen. „Es macht einen Unterschied, ob ich mit dem Auto in zehn Sekunden von Null auf Hundert beschleunige oder mit dem Motorrad in drei“, sagt Achim Kuppinger, Motorradexperte bei DEKRA. „Die Geschwindigkeitseinschätzung ist nach der Winterpause oft nicht einfach. Manchmal ist man selbst erschrocken, wie schnell man unterwegs ist.“ Deshalb ist es für Motorradfahrer wichtig, sich auf den Saisonstart mental vorzubereiten.
Umstellen müssen sich aber auch die Autofahrer: Sie rechnen anfangs oft noch nicht mit Motorradfahrern, die oft schon bei kühler Witterung im Straßenverkehr unterwegs sind. „Als Autofahrer bin ich selbst manchmal überrascht und denke: Hoppla, die Motorradfahrer sind ja schon wieder unterwegs“, sagt Kuppinger. Für Autofahrer ist zu Saisonbeginn die Gefahr noch größer als sonst, einen Motorradfahrer zu übersehen oder Entfernung, Geschwindigkeit und Beschleunigung falsch einzuschätzen. „Motorradfahrer müssen das auf dem Schirm haben und mit Fehlern der anderen rechnen, vor allem beim Überholen und Spurwechseln.“
Kuppinger empfiehlt Bikern, es zum Saisonstart langsam angehen zu lassen und sich zunächst in vertrauter Umgebung einzufahren, bis sich das Gefühl für Gewicht und Handling des Motorrads wieder einstellt. „Motorradfahren verlernt man zwar nicht, aber nach der Winterpause braucht man eine Warmlaufphase – wie die eigene Maschine.“
Die optimale Vorbereitung auf die neue Saison bietet aus seiner Sicht ein Sicherheitstraining. Dabei bekommt der Fahrer ein Gefühl für sein Zweirad und macht sich mit den physikalischen Besonderheiten seines Bikes vertraut. Er lernt beispielsweise vor dem Anfahren einer Kurve einzuschätzen, mit welcher Geschwindigkeit er sie anfahren kann, um beim Bremsen nicht in den Gegenverkehr zu geraten.
Und noch ein Punkt ist wichtig: „Auf dem Motorrad muss man beim Fahren immer hellwach sein“, betont Kuppinger. „Man muss mit dem Kopf in der Fahrsituation sein und darf nicht von anderen Dingen träumen. Und man sollte mental trainieren, wie man sich verhält, wenn man in eine gefährliche Situation kommt.“
Auch die Technik muss in Ordnung sein
Zum Saisonstart gehört aber nicht nur ein „ausgeschlafener“ Fahrer, auch die Technik der Maschine muss up to date sein. Wichtig ist vor allem ein fachkundiger Check der sicherheitsrelevanten Teile wie Bremsen, Lenkung, Motor und Antrieb, Räder und Beleuchtung.
Großer Wert ist auf einen guten Reifenzustand zu legen. Auch wenn der Gesetzgeber nur mindestens 1,6 Millimeter verlangt, gehören dazu eine Profiltiefe von mindestens drei Millimetern und natürlich der richtige Reifendruck. Zeigen sich Auffälligkeiten, wie etwa Beschädigungen oder Risse, Einstiche oder Beulen, oder ist der Reifen über sechs Jahre alt, ist der Fachmann gefragt.
Für sichere Fahrt ist auch ein Top-Zustand der Bremsen unverzichtbar. Neben dem Check der Bremsanlage steht eine Prüfung der Bremsflüssigkeit auf der Agenda. Sinnvoll ist ein Austausch der Bremsflüssigkeit spätestens alle zwei Jahre, sofern der Hersteller nicht sogar einen jährlichen Wechsel verlangt. Auf einer Probefahrt mit scharfen Bremsmanövern zeigt die Anlage, ob sie zuverlässig arbeitet.
Vor der ersten Ausfahrt sind unbedingt auch die Flüssigkeitsstände von Motoröl und Kühlflüssigkeit zu checken. Wird nach dem Winter die Batterie wieder eingebaut, gilt es, beim Starten der On-Board-Diagnose die Funktion wichtiger Sicherheitssysteme wie Schlupfkontrolle und ABS zu kontrollieren und bei Fehlermeldungen der Fahrzeugelektronik die Fachwerkstatt zu kontaktieren.