Blinde Passagiere: Rekordstrafen in Großbritannien
Jeden Tag werden in Großbritannien zehn Geldbußen gegen Transportunternehmen verhängt, weil an Bord eines ihrer Lkw illegale Migranten entdeckt wurden. Die Zahl der bestraften Zwischenfälle ist 2016/2017 im Vergleich zum Vorjahr um zwölf Prozent angestiegen, insgesamt wurden 3.522 Verstöße gezählt, berichten britische Medien unter Berufung auf Informationen des Innenministeriums. Dabei hatten die Strafen einen Umfang von umgerechnet etwa 8,8 Millionen Euro. Im Zeitraum 2011/2012 waren lediglich 648 Geldstrafen verhängt worden.
„Diese neuen Zahlen zeigen ganz klar, dass sich die Situation auf der anderen Seite des Ärmelkanals verschlimmert“, sagte der Chef des britischen Straßentransportverbands Road Haulage Association (RHA), Richard Burnett. Zwar ist das Flüchtlingscamp in Calais im vergangenen Jahr aufgelöst worden, aber nach Informationen seiner Mitglieder ist die Zahl der Migranten, die nach Großbritannien gelangen wollten, im Steigen begriffen. Menschenhändlern sei jedes Mittel recht, um mit ihrer Notlage Geld zu verdienen, betonte Burnett.
Inzwischen seien die schlimmsten Befürchtungen Realität geworden, sagte er. Denn Mitte Juni war ein polnischer Lkw-Fahrer auf der A 16 Richtung Hafen Calais ums Leben gekommen, als sein Fahrzeug Feuer fing, nachdem er auf drei weitere Laster aufgefahren war. Diese hatten unverhofft wegen einer von Migranten errichteten Straßensperre aus Baumstämmen stoppen müssen. In einem der Fahrzeuge wurden elf Menschen aus Eritrea gefunden.
Der RHA-Chef forderte Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron auf, Militär in die Region und an die Zufahrtsstraßen zu schicken. Nur so könnten tausende von Fahrern geschützt werden, die täglich auf dem Weg nach Großbritannien seien. Würden sie zu einem Stopp gezwungen, seien sie leichte Beute für die wachsende Zahl der Schleuser.
Alle Transportunternehmen, die auf der Strecke unterwegs seien, sollten sich genau an die Vorgaben des britischen Innenministeriums halten, riet Burnett. Andernfalls kann pro gefundenem Migranten gegen Fahrer oder Unternehmen eine Strafe von bis zu 2.300 Euro verhängt werden. Aber nicht immer reichen die Vorsichtsmaßnahmen aus. In West Sussex waren auf einem Lkw Mitte Juni 18 Menschen gefunden worden. Burnett forderte von seiner Regierung deshalb eine Anpassung des Rechtsrahmens von 1999 an die aktuelle Situation.