Gewerbe findet Gefallen am Strom
Die Elektromobilität in der Logistik gewinnt an Fahrt. Die Hersteller sehen nicht mehr nur bei Transportern, sondern auch bei mittelschweren Verteiler-Lkw Potenzial und stellen sich darauf ein. Und die Politik will als Antwort auf den Klimawandel und die schlechte Luft in Innenstädten das Ihre dazu beitragen, die Branche zu elektrifizieren. Das wurde bei einem trans aktuell-Expertengespräch zur E-Mobilität in der Logistik am Dienstag in den Räumen des ETM Verlags in Stuttgart deutlich.
„An dem grundsätzlichen Weg in Richtung Elektrifizierung besteht kein Zweifel mehr“, machte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, Norbert Barthle, deutlich. Als ideales Einsatzgebiet macht er „hochverdichtete Innenstädte mit problematischer Luftqualität“ aus.
„Elektrofahrzeuge haben keine lokalen Schadstoffemissionen und sind bei niedrigen Geschwindigkeiten wesentlich leiser als herkömmliche Verbrennungsfahrzeuge“, sagte er an die Adresse der anwesenden Spediteure, die von ihren Erfahrungen mit elektrisch betriebenen Lkw berichteten.
Fuhrparks der öffentlichen Hand sollten Barthle zufolge mit gutem Beispiel vorangehen. Er wies auf die Flotte seines Hauses hin, die zu mehr als 70 Prozent auf Strom- und Batterieantrieb umgestellt sei. „Wir hoffen, dass wir damit die elektromobile Beschaffung in Privatunternehmen und Behörden inspirieren können.“ Aktuell seien bundesweit rund 85.000 Fahrzeuge rein elektrisch sowie mit Hybridantrieb unterwegs – am Ziel, bis 2020 eine Million E-Fahrzeuge auf die Straße zu bringen, wolle man festhalten.
Um Firmen und Privatleuten die Fahrzeuge schmackhaft zu machen, baut das Verkehrsministerium auch auf Anreize. „Rund 4,7 Milliarden Euro hat der Bund in den letzten Jahren in Forschungs-, Demonstrations- und Beschaffungsprojekte für die Elektromobilität mit Batterie und Brennstoffzelle investiert“, sagte Barthle und wies unter anderem auf den Aufbau der Nationalen Plattform Elektromobilität mit ihren Modellregionen, Schaufenstern und Leuchtturmprojekten hin. Dort habe sein Haus bislang 800 Einzelvorhaben mit mehr als 375 Millionen Euro gefördert. Nun gehe es darum, in diesen Regionen die Alltagstauglichkeit zu testen – zum Beispiel in der Citylogistik und bei Spezialfahrzeugen.
Damit es voran geht, brauchen die Nutzer aber auch die entsprechende Ladeinfrastruktur. Frisch auf den Weg gebracht hat das Ministerium ein 300 Millionen-Euro starkes Förderprogramm, das den Aufbau von 5.000 Schnellladestationen und von 10.000 Normalladestationen bis 2020 zum Ziel hat. Die Resonanz auf das Mitte Februar veröffentlichte Programm sei überwältigend, bilanzierte Barthle. „Fast 1.000 Anträge befinden sich derzeit im Prüfverfahren.“
Voran geht es auch bei der Fahrzeugproduktion, wie die Beispiele von Streetscooter für das Segment der Lieferwagen sowie von MAN für das Segment des Verteilerverkehrs zeigen. MAN will seinem Projektpartner, dem Council für nachhaltige Logistik (CNL) noch dieses Jahr die ersten neun E-TGM ausliefern. Dem CNL gehören 15 Unternehmen, darunter Logistiker wie Gebrüder Weiss und Schachinger sowie Handelsketten wie Hofer (Aldi) oder Metro an. Ein Jahr lang wolle MAN mit diesen Kunden Erfahrungen bei unterschiedlichen Einsatzprofilen und Fahrzeugkonfigurationen sammeln. Für 2020 plant der Hersteller dann eine Kleinserie in der Größenordnung „250 + X“ im Folgejahr soll die Serie starten.
„Von mehr als 50 Unternehmen haben wir bereits Anfragen“, berichtete Felix Kybart, Leiter des Bereichs alternative Antriebe bei MAN. Er versicherte, dass sein Haus einen beträchtlichen Teil des Budgets in die E-Mobilität stecken werde. „Wir wollen, dass das Thema fliegt.“
Zum Flug ansetzen kann bereits die Deutsche Post-Tochter Streetscooter. Mehr als 3.100 Fahrzeuge des Modells Work wurden bereits gebaut. Aktuell läuft ferner eine Vorserie des Modells Work L, das mit acht Kubikmetern doppelt so viel Ladevolumen bietet. Und mit einem fünfmal so großem Laderaum, dem Typ Work XL, legt die Post noch eine Schippe drauf. Zehn Prototypen davon sind bereits auf der Straße.
Nachdem der Logistikdienstleister die selbst entwickelten und gebauten Fahrzeuge auf der IAA erstmals auch Dritten angeboten hatte, gibt es nun auch einen entsprechenden Konzernbeschluss.
Wie Streetscooter-Marketingchef Marcus Arens mitteilte, soll dazu die Produktionskapazität auf 20.000 verdoppelt und in Ergänzung zu Aachen ein weiteres Werk, ebenfalls in Nordrhein-Westfalen, in Betrieb genommen werden. Die Post zeigt sich entschlossen, die Erfolgsgeschichte ihres E-Fahrzeugs fortzuschreiben, das vor einigen Jahren keiner der etablierten Hersteller bauen wollte – mit der Folge, dass sie aus der Not heraus selbst zum Autobauer wurde.