Lkw-Maut verstößt gegen Unionsrecht
Das Oberverwaltungsgericht Münster (OVG) entschied, dass die Erhebung der Lkw-Maut in den Jahren 2010 und 2011 wegen fehlerhaften Kalkulationen teilweise unionsrechtswidrig war. Die Bundesrepublik Deutschland ist somit zu einer teilweisen Rückerstattung von Mautgebühren an die Kläger verpflichtet. Grund sind die bei Berechnung der Maut fehlerhaft kalkulierten Kapitalkosten der Autobahngrundstücke.
Erste Zahlungsverpflichtung wegen Kosten für die Verkehrspolizei
Kläger war laut dem OVG ein Speditionsunternehmen mit Sitz in Polen, das die Rückerstattung der im Zeitraum vom 1. Januar 2010 bis zum 18. Juli 2011 gezahlten Lkw-Maut in Höhe von rund 12.000 Euro verlangte. Das Verwaltungsgericht Köln hatte die Klage abgewiesen. Auf Vorlage des Oberverwaltungsgerichts hatte der EuGH am 28. Oktober 2020 entschieden, dass nach der EU-Wegekostenrichtlinie die Kosten für die Verkehrspolizei bei der Kalkulation der Lkw-Maut nicht berücksichtigt werden dürfen. Dies war nicht mehr Gegenstand des aktuellen Urteils, nachdem die Bundesrepublik den Klägern die Mautgebühren in Höhe von rund 424 Euro zwischenzeitlich erstattet hatte.
Das Oberverwaltungsgericht hat aber die Bundesrepublik verpflichtet, den Klägern weitere 565 Euro an Mautgebühren zu erstatten. Außerdem müssen beide Rückerstattungsbeträge für die Zeit ab Zahlung der Maut bis zum Tag der Erstattung verzinst werden.
Zahlungsverpflichtung wegen fehlerhafter Grundstückskalkulation
Zur Begründung des Urteils hat die Vorsitzende des 9. Senats ausgeführt: Die Mautgebühren dürfen nach den Vorgaben der EU-Wegekostenrichtlinie die Infrastrukturkosten nicht überschreiten. Damit ist es nicht vereinbar, wenn bei den Kapitalkosten der Autobahngrundstücke statt mit ihrem Anschaffungswert mit ihrem aktuellen Wiederbeschaffungswert kalkuliert wird. Anders als andere Anlagegüter erleiden Grundstücke keinen Substanzverlust und müssen nicht nach einer gewissen Zeit erneut beschafft werden.
Die per Gesetz festgelegten Mautsätze beruhen damit insoweit auf einer fehlerhaften Kalkulation, mit der den Mautzahlern Kosten angelastet werden, die über die Infrastrukturkosten hinausgehen. Den weiteren unionsrechtlichen und verfassungsrechtlichen Rügen der Kläger in dem als Musterklage geltenden Mauterstattungsverfahren ist der Senat hingegen nicht gefolgt.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen. Dagegen ist Nichtzulassungsbeschwerde möglich, über die das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entscheidet.