Lkw-Kartell: Schadenersatzklage erfolgreich
Ein Käufer von Daimler-Lkw hat wegen des Lkw-Kartells Anspruch auf Schadenersatz, so ein aktuelles Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart. Wie hoch der Schaden war, soll in einem gesonderten Verfahren geklärt werden.
Demnach hatte bereits das Landgericht Stuttgart in einem Grundurteil die Schadensersatzansprüche aus dem Zivilrechtsstreit dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. In seinem Berufungsurteil bestätigte der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart das Urteil im Wesentlichen.
Beklagter war in dem Verfahren der Fahrzeughersteller Daimler, der an den Kläger mehrere Lkw verkauft hatte. Nachweislich war laut dem OLG der Beklagte Mitglied eines Lkw-Kartells von 1997 bis 2011. Der Kläger hatte angegeben, dass mehrere von seinen Tochterfirmen bezahlten Kaufpreise für die im Zeitraum 1997 bis 2011 gekauften Lkw kartellbedingt überhöht gewesen seien, und verlangt daher Schadensersatz.
Lkw-Käufe von Kartellverstoß betroffen
Nach Ansicht des Oberlandesgerichts sind die Lkw-Käufe, die Gegenstand der Klage seien, mit Ausnahme des zeitlich ersten Kaufs im Jahr 1997 von dem Kartellverstoß betroffen, weil nach den Feststellungen der Europäischen Kommission die ausgetauschten Bruttopreislisten die Preise aller mittelschweren und schweren Lkw-Modelle sowie sämtlicher vom jeweiligen Hersteller ab Werk angebotenen Sonderausstattungen enthalten hätten. Es sei auch wahrscheinlich, dass ein Schaden entstanden sei.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs diene die Gründung eines Kartells grundsätzlich der Steigerung des Gewinns der am Kartell beteiligten Unternehmen, weshalb eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür spreche, dass das Kartell gebildet und erhalten werde, weil es höhere als am Markt erzielbare Preise erbringe. Damit sei zugleich wahrscheinlich, dass bei den Abnehmern der am Kartell beteiligten Firmen hierdurch ein Schaden verursacht werde. „Die gegen diesen wirtschaftlichen Erfahrungssatz des Bundesgerichtshofs von der Beklagten vorgebrachten Einwendungen hat der Senat nicht für durchgreifend erachtet, weil diese im Widerspruch zu den bindenden Feststellungen der Europäischen Kommission stünden“, so die Mitteilung des OLG. Verjährung sei nicht eingetreten, weil die Verjährungsfrist ab den ersten Ermittlungsmaßnahmen der Europäischen Kommission bis zum Abschluss des Verfahrens gehemmt gewesen sei.
Nach Angaben des Rechtsanwalts Dr. Alex Petrasincu von der Kanzlei Hausfeld in Düsseldorf haben auch die Landgerichte in Duisburg und Hannover in verschiedenen Verfahren zugunsten der Kläger entschieden. „Es handelte sich hier ebenfalls um sogenannte „Grundurteile“, das heißt, die Gerichte haben lediglich festgestellt, dass die Lkw-Hersteller zum Schadensersatz verpflichtet sind, über die Höhe des Schadens aber noch nicht entschieden“, so Petrasincu, der die Schadenersatzklage des Bundesverbands Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) vor dem Landgericht München unterstützt. In der ersten und zweiten Klage des BGL, die von dem Rechtsdienstleister Financialright eingereicht wurden, sind dabei Ansprüche für insgesamt knapp 150.000 Lkw geltend gemacht worden.
„Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass es auch einige wenige klageabweisende Entscheidungen derselben Gerichte gibt, eine klageabweisende Entscheidung des LG Duisburg wurde dabei vom OLG Düsseldorf bestätigt.“
Weiteres Verfahren zur Schadensersatz-Höhe
Auch nach dem Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart ist die Revision durch den Beklagten – Daimler – zugelassen. „Erst wenn das Grundurteil rechtskräftig ist, wird das Landgericht Stuttgart in einem weiteren Verfahren über die Höhe des Schadens entscheiden, was Jahre dauern kann“, sagt Petrasincu. „In diesem Verfahren wird dann ein Sachverständiger vom Gericht bestellt werden, der mit der Schadensfeststellung beauftragt sein wird. Gegen diese Entscheidung des LG Stuttgart sind dann wieder Rechtsmittel möglich.“
Einen anderen Ansatz fährt dem Kartellexperten zufolge das Landgericht München, bei dem die Klagen von Financialright anhängig sind. „Dort möchte das Gericht direkt über die Schadenshöhe entscheiden, also gerade nicht den zweigeteilten Ansatz des Gerichts in Stuttgart übernehmen. Dies bedeutet, dass es kein schnelles Grundurteil geben wird. Insgesamt dürfte das Verfahren aber deutlich schneller laufen, da nicht zwei volle „Rechtsmittelrunden“ möglich sind.“