2018: Lkw-Zulassungszahlen steigen
Fast wäre es ein neues Rekordjahr bei den Neuzulassungen von Lkw und Zugmaschinen über 16 Tonnen geworden: 67.185 Neuwagen waren es 2017, das vergangene Jahr schließt mit 65.181 Einheiten ab, viel fehlte also nicht mehr. Gegenüber 2017 ist das ein Zuwachs von 1.788 Stück oder 2,8 Prozent. Auf das 2007er-Ergebnis fehlen nur noch 2.004 Neuwagen. Getragen wird der Marktzuwachs von den Topsellern DAF, MAN, Mercedes-Benz und Scania. Die vier Marken zusammen erzielen ein Neuzulassungsergebnis von 55.959 Einheiten – ein Plus von 2.997 Stück oder 5,7 Prozent. Auf der anderen Seite fuhren Iveco, Renault sowie Volvo gemeinsam talwärts. Die drei Importmarken steuern zusammen 9.222 erstmals zugelassene Lkw und Sattelzug¬maschinen zum Jahresergebnis 2018 bei. Das ist in der Summe ein Minus von 1.209 Fahrzeugeinheiten, gleichbedeutend mit einem Rückgang von 11,6 Prozent.
Iveco und Renault liegen hinten
Ganz besonders hart getroffen von schwindender Kundenakzeptanz: Iveco. Kamen 2017 noch 2.650 neue Fahrzeuge aus der Stralis-Range erstmals in den Verkehr, waren es im abgelaufenen Jahr nur noch 1.950 Einheiten aus der schweren Klasse. Der Rückgang von 700 Stück oder 26,4 Prozent lässt Ivecos Marktanteil zum Jahresende auf drei Prozent einbrechen – weniger Anteil am Neuwagenmarkt hatten die Italiener in den vergangenen Jahrzehnten nie zu verkraften. Zwar ist das Interesse am Umwelt-Ökomodell Stralis LNG, betrieben mit verflüssigtem Erd- oder Biogas, groß. Auch ist das Fahrzeug zumindest temporär von der Maut befreit. Doch lässt sich die Lücke bei den Neuzulassungen damit noch nicht schließen. Der Diesel bleibt also auch bei Iveco zunächst erste Wahl.
Ein wenig dürfte der kommende „neue“ Stralis Hoffnung auf wieder steigende Kundennachfrage nach Lkw und Sattelzugmaschinen der italienischen Marke schüren. Wenngleich: Ein Garant für steigende Absatzzahlen ist ein Modellwechsel nicht. Zumindest nicht in der Welt des Investitionsgutes Nutzfahrzeug. Das bekommt seit einigen Jahren auch Renault zu spüren. Ausgestattet mit einem noch recht neuen, vor allem sehr ordentlichen Fahrzeugmodell namens „T“, basierend auf anerkannt guter Volvo-Technik und flankiert vom dichten Service¬netz der Schweden, fahren die Franzosen in Deutschland unverändert am Rande stückzahlmäßiger Bedeutungslosigkeit. „Renault Trucks bewegte sich 2018 auf einem konstanten Niveau“, sagt Vertriebsdirektor Jochen Munzert. In Zahlen: 861 Neuwagen bedeuten ein Minus von 20,1 Prozent. Der Marktanteil erreicht noch 1,4 Prozent, nahe am 20-Jahre-Minimum (1,2 Prozent) aus 2014.
Bleibt Volvo als Dritter im Bunde der Minusmacher 2018. „Das vergangene Jahr war erneut ein sehr gutes Geschäftsjahr für Volvo Trucks in Deutschland. Die IAA in Hannover hat uns ausgezeichnete Verkäufe ermöglicht, und insgesamt haben wir an¬nähernd die gleiche Stückzahl wie im Vorjahr erreicht“, lautet die Bilanz von Emanuel Lauf, Verkaufsdirektor Volvo Trucks in Deutschland. Minus 288 schwere Sattelzugmaschinen und Lkw, 6.391 Einheiten im abgelaufenen Jahr gegenüber 6.679 im vorherigen Zwölfmonatszeitraum bilanzieren die amtlichen Zahlen des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA). Mit 8.060 Fahrzeugen festigt DAF den im Vorjahr zurückeroberten dritten Platz in der Neuzulassungsstatistik. Und das mit Nachdruck: 10,1 Prozent Zuwachs (plus 740 Stück) lassen den Marktanteil von 11,5 auf jetzt 12,4 Prozent steigen. Den Abstand zum unverändert Viertplatzierten (Scania) vergrößerten die Niederländer mit 99 Fahrzeugeinheiten 2017 auf nunmehr 633 Exemplare.
Fahrer wollen Kraftprotze
Ähnlich vehement wie die Niederländer steigert auch MAN sein Neuzulassungsergebnis 2018: plus 9,8 Prozent im Jahresvergleich. Ob dabei besondere Preisaktionen eine Rolle gespielt haben, lässt sich anhand der reinen KBA-Daten nicht untersuchen. Ebenfalls im Dunkeln bleiben die herstellerspezifischen Anteile an besonders leistungsstarken Zugmaschinen. Auch hierzu sagt die Flensburger Jahresdatenbasissammlung der Monatsergebnisse nichts. Allerdings: Die sehr umfassenden Aufschlüsselungen der Behörde nach Kriterien wie den technischen Daten, veröffentlicht jeweils zum Ende eines Jahres für das jeweils davorliegende Kalenderjahr, fördern Erstaunliches zutage. So hat seit einigen Jahren ein echter Run auf besonders leistungsstarke Sattelzugmaschinen eingesetzt.
Sprach man bisher von sogenannten Flottenmodellen, wenn die Motornennleistung zwischen 400 und 450 PS lag, geht es nun eindeutig aufwärts mit der Power. Bereits 2017, im jüngsten vorliegenden Datensatz, erreichten Sattelzugmaschinen mit mehr als 476 PS – Klardeutsch: die „500er“ – einen Neuzulassungsanteil von rund 37 Prozent. Zum Vergleich: 2010 waren es knapp elf Prozent. Besondere Dynamik erreicht der Trend zur hohen Nennleistung seit 2015. Eine Entwicklung, die Fachleute nicht verwundert. „Der Trend zu höher motorisierten Fahrzeugen ist unserer Meinung nach nicht den Gesamtbetriebskosten oder der Fahrzeugperformance geschuldet. Vielmehr ist die Tendenz auf den immer größer werdenden Berufskraftfahrermangel zurückzuführen. Unsere Kunden sehen folglich ein PS-starkes Fahrzeug als geeignetes Instrument für die Mitarbeiterbindung“, sagt Jochen Munzert von Renault.
Grund ist der Fahrermangel
Iveco-Sprecher Manfred Kuchlmayr sieht im Trend zu starken Motorisierungen ebenfalls eine Auswirkung, die dem Fahrermangel geschuldet ist. Kuchlmayr zitiert Unternehmer, die sagen: „Wenn der Fahrer ein goldenes Lenkrad will und gut ist, kriegt er das. Und 500 PS auch, obwohl es 420 tun würden.“ Volvos Verkaufs¬chef Emanuel Lauf bestätigt das und sieht daneben noch einen zweiten Grund: „Die wesentlich verbesserte Kraftstoffeffizienz der größeren Motoren hat die Durchschnittsverbräuche im Vergleich Preis/Leistung gesenkt und auch deshalb die Nachfrage in Richtung stärkerer Motoren verschoben.“ Bleibt abzuwarten, wie sich die Leistungsspirale weiterdreht. Wenn Ende 2019 die Zahlen von 2018 vorliegen, könnten die 500er locker die 40-Prozent-Marke geknackt haben. Ob es dann genug Fahrer gibt, die mit den schönen, neuen „Flottenmodellen aus der Hochleistungsära“ auch ordentlich zum Unternehmenserfolg beitragen, bleibt allerdings genauso abzuwarten.