Humanoide Roboter in der Logistik
Zunehmend werden Roboter in der Logistik eingesetzt, darunter auch Modelle, die dem Menschen ähnlich sehen. Das Modell Digit zum Beispiel führt beim US-Logistikdienstleister GXO einfache Lagerarbeiten durch und bewegt sich wie ein Mensch – ist aber keiner. Denn bei Digit handelt es sich um einen humanoiden Roboter des Herstellers Agility Robotics. Es gibt mittlerweile humanoide Roboter, die 1:1 einem Menschen ähneln. Bei Digit und seinen Kollegen, die in der Logistik zum Einsatz kommen, ist das noch nicht der Fall. Niemand wird Digit mit einem Menschen verwechseln, obwohl er eine menschliche Körperform hat.
GXO hat sich dem Thema humanoide Robotik besonders angenommen. So soll der humanoide Roboter Apollo vom Robotikunternehmen Apptronik ebenfalls im Lager helfen. Im September vergangenen Jahres gab GXO außerdem die Zusammenarbeit mit Reflex Robotics bekannt. Bei dem Reflex Robot handelt es sich um einen teil-humanoiden Roboter: Der Oberkörper mit Kopf und Armen lässt sich an einer Stange hoch- und runterfahren. Die Stange wiederum sitzt auf einer rollbaren mobilen Plattform.
Diskussion über humanoide Roboter auf der Logimat
Was also macht einen humanoiden Roboter aus? Darüber diskutierten auf der diesjährigen Intralogistik-Messe Logimat in Stuttgart Prof. Alice Kirchheim, Leiterin des Fraunhofer-Instituts für Materialfluss und Logistik IML, Marina Tiepermann, Vice President International Key Account Management beim Intralogistik-Dienstleister Still und Dr. Henry Puhl, CEO der TGW Logistics Group aus Österreich.
Ein humanoider Roboter sollte laut Puhl das können, was ein Mensch kann: handeln, verstehen und entscheiden. „Handeln ist bei der Robotik schon gut umgesetzt, verstehen und entscheiden ist aber genauso wichtig“, sagte Puhl. TGW Logistics stellt genau wie der Wettbewerber Still autonome mobile Roboter (AMR), fahrerlose Transportsysteme (FTS) und automatisierte Gabelstapler her.
Immer mehr KI-Lösungen
„In den letzten zehn Jahren hat sich das Thema Automatisierung ausgebreitet. Der Fokus liegt bei uns ganz klar auf praxistauglichen Anwendungen“, sagte Tiepermann. Humanoide Roboter würden die Still-Kunden noch selten nachfragen. Teilfunktionen dagegen schon. Zum Beispiel helfen KI-gestützte Kameras, die an den Fahrzeugen angebracht sind, bei der Anfahrt zu Paletten. „Wir arbeiten immer mehr an KI-Lösungen – vor allem an greifbaren“, sagte Tiepermann. Das Ziel sei, effizienter und sicherer für die Kunden zu werden.
Das Fraunhofer IML hat ebenfalls mit Teilfunktionen begonnen und den evoBOT entwickelt. Dieser kollaborative Roboter besteht aus zwei doppelten Pendeln – einem Arm- und einem Beinpaar – und erinnert optisch an einen Segway. Er hilft zum Beispiel dem Entsorgungsunternehmen Remondis bei der Müllentleerung. „Ja, humanoide Roboter sind noch weit entfernt, aber es macht Sinn, Roboter kompetenter zu machen“, sagte Kirchheim bei der Diskussionsrunde.
Das Fraunhofer IML hat mit Teilfunktionen begonnen und den evoBOT entwickelt. Dieser kollaborative Roboter besteht aus zwei doppelten Pendeln – einem Arm- und einem Beinpaar – und erinnert optisch an einen Segway.
Die Anzahl von Robotern in der Intralogistik habe sich in den vergangenen 30 Jahren bereits verdreifacht. Aber es ist noch Luft nach oben. Die Logistik und speziell die Intralogistik sind Teilbereiche der Industrie. Neben Bildung und Pflege ist die Logistik laut Kirchheim der dritte große Einsatzbereich von Robotern.
Deutschland bei Robotern führend
Deutschland ist, was die Roboterdichte in der Industrie betrifft, führend. In Deutschland kamen im Jahr 2022 nach Angaben der International Federation of Robotics 415 Roboter auf 10.000 Beschäftigte in der verarbeitenden Industrie. Damit rangiert die Bundesrepublik weltweit auf Platz drei hinter Südkorea (1.012 Roboter) und Singapur (730 Roboter). „Das Automationstempo ist beeindruckend: Mit 151 Robotern pro 10.000 Beschäftigte hat die durchschnittliche Roboterdichte weltweit einen historischen Höchststand erreicht und das Ergebnis von vor sechs Jahren mehr als verdoppelt“, so Marina Bill, Präsidentin der International Federation of Robotics, zu den Ergebnissen der Erhebung.
Fiege setzt 1.000 Roboter ein
Der Logistikdienstleister Fiege setzt mehr als 1.000 Roboter an den weltweit 139 Standorten ein. Humanoide Roboter sind laut Jens Veltel, Director Warehouse Automation bei Fiege, noch nicht darunter. Ausgereiftere Humanoide Roboter sehe das Unternehmen mit Sitz in Greven zur Zeit vor allem in der Produktion und Produktionslogistik, beispielsweise in der Automobilindustrie.
Der Fokus liege auf anderen Robotiklösungen und Anwendungsfällen. „In der aktuellen Phase geht es vor allem um das Sammeln, die Auswertung und den Austausch von Daten“, sagt Veltel gegenüber der Fachzeitschrift trans aktuell.
Digitales Ökosystem schaffen
Seit Ende vergangenen Jahres nimmt Fiege am Verbundprojekt RoX teil, das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) gefördert wird. Das Konsortium von führenden Unternehmen aus Industrie und Wissenschaft hat es sich nach Angaben von Fiege zur Aufgabe gemacht, ein digitales Ökosystem zu schaffen, um die Innovationszyklen von KI- und Robotik-Komponenten zu verkürzen und ihre Anwendung in der Praxis zu erleichtern.
Aktuell befindet sich das Projekt laut Veltel in der Evaluierungsphase, erste Tests haben bereits stattgefunden. „Wir sind als einziger Kontraktlogistiker unter den Projektteilnehmern einer von mehreren Anwendungsfällen und bieten Entwicklern in unseren Logistikzentren die Möglichkeit, Automatisierungs- und Robotiklösungen unter Realbedingungen zu testen und Daten zu sammeln“, sagt Veltel.