VW-Markenchef plädiert für Regulierung und mehr Tempo

30. Nov. 2017
Volkswagen muss sich nach Aussagen von Markenchef Herbert Diess extem anstrengen und schneller bewegen als bisher, damit eine Neuaufstellung gelingt. „Unsere größte Herausforderung ist dabei, dass wir das Auto als Teil des Internets verstehen“, sagte Diess in einem Interview mit dem „Handelsblatt“. Das Auto der Zukunft werde ein durch und durch digitalisierter Internetknoten sein. „Wir bewahren noch zu sehr und nehmen die Veränderung nicht schnell genug an“, kritisierte der Manager.
Die Intelligenz eines Autos werde zum Wettbewerbsfaktor, betonte Diess. die Fahrzeuge müssten „im Hinblick auf Konnektivität, Systemarchitektur und Software entsprechend ausgestattet sein.“ In Konkurrenz zu Konzernen wie Apple, Google oder Amazon sei es bedeutsam, den künftig wichtigsten Stellhebel im Wettbewerb selbst in der Hand zu halten.
Bei der Elektrifizierung der Flotte zur Erreichung der CO2-Ziele komme es auch auf die Bereitstellung von grünem Strom an, sagte Diess. „In Deutschland halten wir noch stark an der Verstromung von Kohle fest. In China geschieht gerade das Gegenteil“, stellte er fest. Auch wenn der E-Antrieb in den Medien zurzeit besonders im Fokus stehe, würden die meisten neuen Modelle immer noch mit einem Verbrennungsmotor ausgestattet. „Tatsächlich arbeiten wir im Moment an 56 neuen Autos, davon sind sieben rein elektrisch.“
Volkswagen rechne mit einem E-Anteil von etwa 20 Prozent bis 2025, sagte der Manager. Der Dieselmotor verliere bei kleineren Fahrzeugen an Bedeutung, bei schwereren Autos und auf längeren Strecken werde er aber weiterhin eine wichtige Rolle spielen. Für die Planungen bis 2025 schloss Diess die Brennstoffzelle aus, grundsätzlich sei sie aber machbar. „Das könnte gelingen, wenn Wind- und Solarstrom weiter an Bedeutung gewinnen“, erläuterte Diess.
Eine staatliche Regulierung muss Diess zufolge mit Rücksicht auf Umwelt und Verkehrssicherheit akzeptiert werden. „Wenn wir den Dingen freien Lauf lassen würden, gäbe es viel mehr größere Fahrzeuge mit viel Leistung – weil die Kunden es so wollen“, stellte er fest. Es gebe Märkte wie die Türkei, in denen Autos mit Motoren über 1,6 Liter Hubraum durch staatliche Vorgaben preislich nicht mehr attraktiv seien, in anderen Ländern würden praktisch keine Dieselmotoren verkauft, weil die entsprechenden Subventionen fehlten. „Wir müssen und wollen Mobilität nachhaltig gestalten“, unterstrich der VW-Manager.