EU-Mobilitätspaket: Strengere Kabotage-Regeln

06. Mai 2021 Newsletter / Transport & Verkehr
Das EU-Mobilitätspaket ist ein Schritt in die richtige Richtung. Es hat das Sozialdumping aber noch nicht beendet, daher gibt es für die Verkehrspolitik, Kontrolleure und die Branche noch genug zu tun – so eine Erkenntnis eines Fachforums des Bundesverbands Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) am Mittwoch im Rahmen der virtuellen Messe transport logistic.
Ein Rückkehr-Recht für Fahrer alle vier Wochen, eine Rückkehr-Pflicht für Lkw alle acht Wochen, strengere Kabotage-Regeln mit einer Cooling-off-Phase, Einbeziehung von Kleintransportern in die EU-Sozialgesetzgebung – das alles bringt das neue EU-Mobilitätspaket mit sich. Auch die vom BGL angeregte Verlängerung der Lenkzeit, um den Heimatstandort noch zu erreichen, ist darin verankert. „Das hört sich alles gut an“, so das Resümee von BGL-Vorstandssprecher Prof. Dirk Engelhardt. Fakt ist für ihn aber auch: Das Gesetzesbündel hat die Probleme in der Branche noch nicht behoben. „Wir haben es weiterhin mit einem Preisverfall zu tun“, erklärte der Verbandschef. Die Frachten lägen teilweise weiter unter den Gestehungskosten.
BGL startet Kampagne gegen Preisdumping
Der BGL hat vor diesem Hintergrund eine Kampagne gestartet, in der Unternehmer aus unterschiedlichen Landesteilen eine Lanze für mehr Fairness im Transportgewerbe brechen und gegen Preisdumping eintreten. „Mit „immer billiger“ werden wir bald den deutschen Transporteur vollständig von unseren Autobahnen verbannt haben“, erklärt zum Beispiel Christopher Schuldes vom hessischen BGL-Landesverband, zugleich Chef der Schuldes Spedition aus Alsbach-Sandwiese. „In der Transportbranche ist ein drastischer Verfall der Preise zu beobachten. Es wird immer schwerer, sich am Markt zu behaupten“, sagt Josef Fendler, Chef von Fendler Klaus Transport aus Edling. „In der Konsequenz mussten wir unseren Fuhrpark schon um einige Fahrzeuge reduzieren.“
Schuld an der Abwärtsspirale sind nach Auffassung vieler Branchenvertreter nicht zuletzt illegale Machenschaften – zum Beispiel illegale Kabotage. Daher spricht sich der BGL für eine effektivere Kontrolle durch Bundesamt für Güterverkehr (BAG), Zoll und Polizei aus und ist froh über eine entsprechende Task Force, die konkrete Hinweise aus der Unternehmerschaft über mögliche unerlaubte Praktiken entgegennimmt und überprüft. In der Vergangenheit seien die eingegangenen Informationen nicht immer sehr belastbar gewesen, sagte BAG-Präsident Andreas Marquardt. Nachdem man ein Meldeformular entwickelt habe, seien die Informationen nun deutlich konkreter, sodass die Behörde einem Hinweis auf unerlaubte Aktivitäten nun gezielt nachgehen kann. Marquart machte auch deutlich, dass er das Instrument der Betriebskontrollen ausbauen will, die den Straßenkontrollen nachgelagert sind. Sie hätten voriges Jahr zu Bußgeldern über 830.000 Euro geführt.
BAG kann auch heute schon hart bestrafen
Den im Chat der Session geäußerten Wunsch nach drastischeren Strafen kann Marquardt nachempfinden. Seine Behörde kann aber auch heute schon Unternehmer massiv am Geldbeutel packen. „Bei Manipulationen am digitalen Tachografen können wir Bußgelder bis 30.000 Euro verhängen. Das BAG ist also kein zahnloser Tiger“, sagte er.
Marquardt betonte, dass das EU-Mobilitätspaket seiner Behörde die Arbeit erleichtere. Die Bekämpfung von Briefkastenfirmen sei einfacher, auch der Austausch zwischen den Behörden über elektronische Register. Und auch die neue Tachografengeneration eröffne dem BAG ganz neue Möglichkeiten, technisch sei man bereits darauf vorbereitet.
Von der neuen Tachografengeneration, die auch Grenzübertritte erfasst, versprechen sich auch Verbände und Verkehrspolitiker viel. Da diese Daten aber erst 2025 zur Verfügung stehen, sind die deutschen Verkehrspolitiker Karl Holmeier, Berichterstatter der Unions-Bundestagsfraktion für Güterverkehr und Logistik, und Udo Schiefner, sein Pendant bei der SPD, dahinter, diese Daten zu Grenzübertritten schon vorher zu bekommen. Die Chancen stehen gut: Beide zeigen sich zuversichtlich, sogar schon in diesem Monat eine Freigabe der Mautdaten im Zusammenhang mit Grenzübertritten für Kontrollzwecke zu erhalten.
„Das ist ein wichtiger Schritt, dass das BAG bei Verdacht von Kabotage-Verstößen diese Daten nutzen kann“, sagte SPD-Mann Schiefner. Es habe dazu Gespräche sowohl mit dem Bundesverkehrsministerium als auch mit dem Datenschutzbeauftragten der Bundesregierung gegeben. Da es sich um fahrzeugbezogene und nicht um personenbezogene Daten handelt, sieht Schiefner den Datenschutz nicht als K.o.-Kriterium an.
BGL begrüßt Möglichkeit, Mautdaten zu nutzen
Für BGL-Vorstandssprecher Engelhardt war die Ankündigung der beiden Verkehrspolitiker eine handfeste Überraschung. „Das ist eine kleine Sensation, dass wir diese Information auf der transport logistic bekommen“, kommentierte er und sieht dies ebenfalls als einen wichtigen Schritt zur Eindämmung von illegaler Kabotage und Sozialdumping an.
Und es gibt laut BGL und der beiden Verkehrspolitiker weitere Ansätze, um Kabotage und Sozialdumping entgegen zu treten. Unter anderem müssten Vor- und Nachläufe im Kombinierten Verkehr als Kabotage angesehen werden, forderten sie. „Ich bin klar dafür, und auch das EU-Parlament hat dafür gekämpft“, erklärte Schiefner. Ein weiterer Beitrag zu mehr Fairplay wäre nach Auffassung vieler ein konsequentes Vorgehen gegen osteuropäische Dauerparker auf den ohnehin begrenzten Parkplatz-Kapazitäten in Deutschland. Zunächst aber gehe es darum, überhaupt mehr Parkflächen zu schaffen.
Entsprechende Förderprogramme sind in Vorbereitung, um auch Unternehmen in Autobahnnähe hier anzusprechen. „Wir haben bereits einige Zusagen“, erklärte CSU-Politiker Holmeier. Für ihn steht fest: „Wir müssen alles dafür tun, um die Parkplatz-Situation zu verbessern.“ Sein Wunsch: noch vor der Bundestagswahl einen Spatenstich zu tätigen, der zu neuen Parkflächen von privaten Unternehmen in Autobahnnähe führt.