Embargoverstöße: Transporteure müssen aufpassen
Die Kriegshandlungen Russlands in der Ukraine treffen auch die deutsche Wirtschaft, denn die Europäische Union hat die ohnehin bestehenden Sanktionen gegen die Russische Föderation und Belarus deutlich verschärft. Transport- und Logistikdienstleister müssen daher besonders aufmerksam sein.
Nach Angaben des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) hat die EU ein Waffenembargo sowie Handelsbeschränkungen für Dual-Use-Güter und bestimmte Güter für die Ölindustrie erlassen. Hinzu kommen weitere Wirtschafts- und Finanzsanktionen sowie Einschränkungen beim Zugang zum Kapitalmarkt der EU, und aufgrund der weiteren Entwicklung könne es „kurzfristig zu weiteren Anpassungen kommen“, so das Bundesamt.
Es fehlen offensichtlich Informationen
Viele Unternehmen fühlen sich nicht ausreichend informiert, wie eine Nachfrage der Fachzeitschrift trans aktuell bei einer zügig eingerichteten Beratungshotline der IHK Stuttgart zeigt. Demnach rufen Unternehmen an, die etwa aus den fehlerhaften Sanktionslisten nicht schlau werden, Fragen zum Zustand der Lieferketten oder zu den Zahlungsmöglichkeiten für laufende Aufträge haben.
Die Embargomaßnahmen und ihre Auswirkungen auf die Logistik konkretisiert der Bundesverband Spedition und Logistik (DSLV). Laut Jutta Knell, stellvertretende Hauptgeschäftsführerin des DSLV und Leiterin Zoll-, Außenwirtschafts- und Umsatzsteuerrecht, sind demnach die folgenden Regionen-bezogenen Sanktionen zu unterscheiden: restriktive Maßnahmen gegen Russland, Sanktionen in Bezug auf die Krim und Sewastopol, restriktive Maßnahmen angesichts der Lage in der Ukraine sowie restriktive Maßnahmen in Bezug auf Donezk und Luhansk.
„Speditionen und Logistikunternehmen, die derzeit Geschäfte mit Russland tätigen, sollten sich intensiv über die neuen Embargomaßnahmen informieren“, teilt Knell mit. Demnach beziehen sich auch die personenbezogenen Sanktionen beispielsweise auf Transportdienstleistungen. Und die schwarze Liste, auf der sanktionierte Personen aufgeführt sind, ist nochmals kräftig erweitert worden, beispielsweise um alle Duma-Abgeordneten und einige Oligarchen.
Unbedingt Embargolisten aktualisieren
„Speditionen und Logistikunternehmen sollten sich umgehend bei ihren Softwareanbietern erkundigen, ob alle Embargolisten in ihre Compliance-Software eingepflegt und regelmäßig aktualisiert werden“, schreibt der DSLV.
Problematisch sind auch die güterbezogenen Embargos, haben doch die meisten Unternehmen keine oder wenig Information zur Ware oder deren Verwendungszweck. Verboten sind aktuell etwa Export, Verkauf und Lieferung von Flugzeugen und Ausrüstung an russische Fluggesellschaften sowie damit verbundene Reparatur-, Wartungs- und Finanzdienstleistungen, also auch Ersatzteile. Laut dem DSLV sollten sich Unternehmen daher gegen einen güterbezogenen Embargoverstoß absichern, etwa durch eine Exportvollmacht, warenbezogene Bafa-Bescheinigungen oder eine sonstige Anfrage beim Bafa.
Die größten Risiken für Unternehmen liegen dem Verband zufolge aber in der Verbringung von Gütern, die von einem Embargo erfasst wurden. Laut dem DSLV können der Transport durch einen Frachtführer und die Ablieferung von Waren beim russischen Empfänger ein unmittelbares Verbringen sein. Selbst die „Organisation eines Transports zum russischen Empfänger unter Einschaltung eines Frachtführers“ ist demnach ein zumindest mittelbares Verbringen. Zudem muss es gar nicht erst zu einem Grenzübertritt kommen. Ein Verbringen von Embargoware kann bedeuten, dass „innerdeutsche beziehungsweise innereuropäische Transporte, etwa zu einem Flughafen, unter das Embargo fallen, wenn die gelisteten Waren zu einer verbotenen Verwendung in Russland bestimmt sind“.
Empfehlungen des DSLV für Speditionen und Logistikunternehmen:
• Abwicklung von Russlandgeschäften über eine zentrale Compliance-Stelle im Unternehmen
• Verwendung der vom DSLV empfohlenen Exportvollmacht beziehungsweise bei reinem Transport eine vergleichbare Bestätigung des Auftraggebers
• Güterbezogene Embargoverstöße ausschließen
• Überprüfung aller an einem Auftrag beteiligten Personen, Organisationen und Einrichtungen (soweit bekannt) anhand der EU-Antiterrorismus-Verordnungen und Russlandsanktionslisten