Corona: Einschränkungen im Warenverkehr
Die Transport- und Logistikbranche hat mit weiteren Einschränkungen des Warenverkehrs auf der Straße zu kämpfen. Angesichts der von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) verschärften Einreisebestimmungen auch für den kommerziellen Reiseverkehr an der deutsch-österreichischen und der deutsch-tschechischen Grenze warnen Branchenvertreter in Deutschland vor einem Abreißen der Lieferkette und erheblichen Auswirkungen auf die Industrieproduktion. Zugleich fordern sie eine praktikable Teststrategie für den Güterverkehr.
Corona-Test darf nicht älter als 48 Stunden sein
Die Einreise nach Deutschland aus Tschechien und Tirol (hier mit wenigen Ausnahmen) ist laut Bundesinnenministerium auch für Lkw-Fahrer nur möglich, wenn sie einen negativen Corona-Test mitführen, der nicht älter als 48 Stunden ist, und – wie bisher schon vorgeschrieben – eine digitale Einreiseanmeldung vorgenommen haben. Weiterhin ist im Anschluss eine zehntägige häusliche Quarantäne vorgeschrieben, die bei Vorlage eines negativen Corona-Tests auf fünf Tage verkürzt werden kann. Die Bundespolizei wurde angewiesen, an den Grenzen die Einhaltung der neuen Regeln zu kontrollieren und Personen, die die Voraussetzungen nicht erfüllen, zurückzuweisen. Das Innenministerium reagiert damit auf die Einstufung Tschechiens und Tirols als Virusvarianten-Gebiete.
Im österreichischen Bundesland Tirol gab es zwischen 23. Dezember und 12. Februar insgesamt 470 Fälle der südafrikanischen Coronavirus-Mutation, die aber noch nicht alle bestätigt sind. Die politisch Verantwortlichen in dem Bundesland warnen ihrerseits vor den Auswirkungen der deutschen Beschlüsse und haben entsprechend reagiert. Seit Sonntag müssen sich Lkw aus Italien einer Blockabfertigung und teilweise Kontrollen unterziehen. „Die Erfüllung der notwendigen Ausreisevoraussetzungen von Tirol nach Deutschland wird bereits bei der Einreise nach Tirol am Brenner überprüft. Jenen Fahrzeuglenkerinnen und Fahrzeuglenkern, bei denen die Durchreise nicht garantiert werden kann, wird die Weiterfahrt untersagt“, erklärte Landeshauptmann Günther Platter. Mit diesem Schritt wolle er verhindern, dass es zu kilometerlangen Rückstaus und massiven Verkehrsbehinderungen komme.
Tirol: Wir lassen es nicht zu, dass Tirol der Parkplatz Europas wird
Platter geht nicht davon aus, dass die deutschen Bestimmungen allen aus Italien einreisenden Lkw-Fahrern bereits bekannt sind und befürchtet, dass die deutsche Bundespolizei die Lkw dann in Kiefersfelden wieder zurück nach Tirol schickt – was das deutsche Innenministerium ja auch ankündigt. Da der gesamte Brenner-Korridor ein absolut sensibles Nadelöhr im Nord-Süd-Transit sei, dürfte allen klar sein, dass es zusätzliche Maßnahmen brauche, um einen Verkehrskollaps im Inntal zu verhindern, argumentiert die Tiroler Verkehrslandesrätin Ingrid Felipe. Auf der Inntalautobahn, der A12, bei Kufstein seien innerhalb von 24 Stunden im Schnitt 4.000 bis 5.000 Lkw unterwegs. Platter und Felipe betonen im Kampf gegen mögliche Rückstaus von Deutschland ihre Entschlossenheit: „Wir lassen es nicht zu, dass Tirol der Parkplatz Europas wird.“
BGL und VDA warnen vor Abreißen der Lieferkette
Der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) sowie der Verband der Automobilindustrie (VDA) sehen die jüngsten Entwicklungen im grenzüberschreitenden Warenverkehr mit großer Sorge. VDA und BGL schlagen vor, dass Selbstschnelltests von Fahrern auch ohne ärztliches Attest akzeptiert werden, bis ausreichende Testkapazitäten an den Grenzen zur Verfügung stehen, heißt es in einer gemeinsamen Mitteilung. Nur so könne ein Abreißen der Lieferkette mit anschließenden Produktionsstopps in den Automobilwerken und Versorgungsengpässen im Handel verhindert werden.
„Wer ohne Ausnahme für den Güterverkehr negative Corona-Tests vor der Einreise fordert, muss auch dazu sagen, wo man diese Tests machen kann“, erklärt BGL-Vorstandssprecher Prof. Dr. Dirk Engelhardt. „Zusätzlich zu den Testzentren, die an den Grenzen unverzüglich errichtet werden müssen, sollten Schnelltests von Lkw-Fahrern ohne ärztliche Bescheinigung akzeptiert werden“, fordert er. „Anderenfalls bleiben nicht nur viele Supermarkt-Regale leer, weil uns die Lkw-Fahrer fehlen, sondern die Fließbänder vor allem auch in der Automobilindustrie stehen still, weil sie nicht mehr beliefert werden können.“
Elflein Spedition hält Fahrer und Lkw an der Grenze bereit
Was die veränderte Lage für einen Automobillogistiker bedeutet, teilt die Elflein Spedition aus Bamberg in einem Schreiben an ihre Kunden mit. Sie unterhält auch Standorte in Tschechien und ist daher direkt von den Kontrollaktivitäten an der Grenze betroffen. Um die Versorgung am heutigen Montag sicherzustellen, hat das Unternehmen am Wochenende nach eigenen Angaben mobile Teststationen im Grenzgebiet Tschechien/Deutschland aktiviert und allen Fahrern Antigentests zur Verfügung gestellt.
„Es wurden geplante Abholungen für Montag auf Samstag vorverlegt und dies mit Kunden und Lieferanten entsprechend eingetaktet“, erklärt die Elflein Spedition weiter. Um die Versorgungssicherheit zu garantieren, würden an den hochfrequentierten Grenzübergangenen darüber hinaus Backup-Lkw und Aushilfsfahrer bereitgestellt, um in Notfallsituationen flexibel und schnell reagieren zu können. „In den kommenden Tagen werden weitere Maßnahmen eingeleitet, um die Transporte auch in der nächsten Woche stabil durchzuführen.“