BPW: E-Commerce fordert die Branche heraus
Der Komponentenhersteller BPW beleuchtet beim 12. Wiehler Forum die künftigen Herausforderungen der Logistik – allen voran die Urbanisierung.
Rund 150 Teilnehmer waren zum 12. Wiehler Forum von BPW Bergische Achsen gekommen. Michael Pfeiffer, persönlich haftender Gesellschafter bei BPW sieht die „Neugier als Antrieb“ – gleichsam der Titel der Veranstaltung. Nicht ohne Grund: Denn das Streben nach optimalen Lösungen münde fast automatisch in Innovationen. In der Transport und Logistik nimmt das Ganze gerade an Geschwindigkeit zu. „Vergleichbar mit der Erfindung der Dampfmaschine“, erklärte Pfeiffer.
Der Internethandel boomt - das Transportaufkommen steigt
Immer mehr Menschen ziehen in die Stadt und zudem boomte der Internethandel. Das alles habe zur Folge, dass das Transportaufkommen steigt. „Das wiederum ruft die Politik auf den Plan. Ob die einen Plan hat, ist eine ganz andere Frage“, sagte Pfeiffer. Dabei ist die Zukunft des Transports seiner Ansicht nach nicht nur eine Frage der Technik sondern vor allem auch der persönlichen Haltung. Man sollte daher ein Klima in einem Unternehmen schaffen, in dem die Mitarbeiter in einem vertrauensvollen Umfeld Dinge ausprobieren können. „Dabei müssen wir auch unsere Komfortzone zu verlassen“. Das beinhalte auch, Lösungen an anderen Orten zu suchen und mit anderen als den üblichen Partner zusammen zu arbeiten. Mitarbeiter müssen gefördert und gefordert werden. „Wenn sowohl unsere Kunden als auch unsere Mitarbeiter zufrieden sind, dann sind wie auf einem guten Weg“, erklärte Pfeiffer.
Der KEP-Markt hat sich seit 2000 verdoppelt
Nach dem Dafürhalten von Carlo Lazzarini, Mitglied der Geschäftsführung von BPW, gibt es aber auch ganz logische und vernünftige Gründe, sich mit dem Wandel zu beschäftigen, selbst wenn man davon nicht begeistert sei: Rund eine Billionen Euro an Volumen erwirtschafte der Bereich Transport und Logistik in Europa – 25 Prozent davon in Deutschland. Der Markt für KEP-Dienste habe sich seit dem Jahr 2000 verdoppelt. Mehr als vier Milliarden Pakete sollen allein im Jahr 2021 durchs Land geschickt werden. Ist also alles super und kann wie gehabt weiterlaufen? Nach Ansicht von Lazzarini ist das nicht der Fall. Er verwies auf eine Studie des Beratungsunternehmens Oliver Wymann. Demnach halten die deutschen Unternehmen mit dem digitalen Wandel nicht Schritt. Dabei seien die Daten das Gold des 21. Jahrhundert. Die Umfrage der Bundesvereinigung Logistik (BVL) bläse ins gleich Horn: So schätzen 72 Prozent der Logistiker die Chancen der Digitalisierung als hoch bis sehr hoch für ihr Unternehmen ein. Die Hälfte davon will allerdings dennoch erst einmal abwarten.
Es gibt jedoch Akteure, die vorangehen. Davon berichtete Prof. Dr. Jan Ninnemann von der School of Business Administration HSBA Hamburg. Der beschäftigte sich mit den Städten als Zentren des Konsums und des urbanen Lebens. Dabei ging er der Frage nach, wie Hotspots in Europa und Übersee ihre Logistik organisieren und was deutsche Logistikmanager davon lernen können. „Früher hat man das City-Logistik genannt“, berichtete er. Nun, da die KEP-Logistik gerät zunehmend ins Visier der Verkersplaner gerate, – selbst wenn ihr Anteil am gesamten Lieferverkehr gerade einmal 20 Prozent betrage – gewinne das Ganze wieder an Bedeutung. Die KEP-Branche treffe es deshalb, weil sie relativ greifbar sei aufgrund der wenigen Akteuren. „Das Thema ist nicht neu. Es kommt eigentlich aus den 80er Jahren und ist dann irgendwann in der Schublade verschwunden“, berichtete Ninnemann. Treiber sei aber nicht nur der E-Commerce. Auch der stationäre Handel sowie Multi-Channel-Anbieter sind angesprochen. Denn die Ladenmieten sind teuer. Das wiederum habe zur Folge, dass die Lager auf ein Minimum zurückgefahren wurden. Wird etwas gekauft, zieht das automatisch eine Nachlieferung nach sich. Bei den Multi-Channel-Anbietern wiederum handele es sich mittlerweile ohnehin per se um kleine Verteilzentren.
Riesiger Nachholbedarf beim Thema Lebensmittel
Und das Thema Lebensmittel werde das Ganze noch weiter vorantreiben. Amazon Fresh sei erst kürzlich in Deutschland gestartet. „Wir haben hier einen riesen Nachholbedarf verglichen mit anderen Ländern“, konstatierte er. Dabei sind bereits heute im Hamburger KEP-Markt rund 208.300 Sendungen werktäglich auf etwa 1.210 Fahrzeuge unterwegs. „Aber auch in Städten wie Stuttgart oder München verhält sich das nicht anders.“
Am Beispiel eines Hamburger Projekts des KEP-Dienstleisters UPS verdeutlichte er die Problematik: Hoch verdichtete Wohnviertel stoßen an ihre Grenzen – dort beispielsweise das Projekt Neue Mitte Altona: 4.800 Wohneinheiten mit 12.000 bis 14. 000 Einwohnern. „Diese Wohnviertel sind mit konventionellen Konzepten nicht mehr abzudecken“, erklärte Ninnemann. Es brauche stattdessen mehrere Mikro-Hub-Standorte, von denen aus dann beliefert wird. Die können dann auch mit Lastenrädern erfolgen. Natürlich fährt erst einmal ein großer Lkw die Wechselbrücken in die Stadt rein, um die Mikro-Hubs zu bedienen. Insgesamt gesehen sei das aber immer noch deutlich umweltfreundlich.
Es gibt allerdings auch einige Probleme hinsichtlich der Flächen, etwa hinsichtlich der Genehmigung fürs Aufstellen von Containern oder Wechselbrücken, Auch fehle es insgesamt an geeigneten Flächen – die zudem dann noch sehr teuer sind. „Hier ist die öffentliche Hand in der Pflicht im Sinne einer Zukunftsvorsorge“, sagte Ninnemann.