BAG: Jeder vierte Tachograf manipuliert
Jeder vierte osteuropäische Lkw ist mit manipuliertem digitalem Tachografen unterwegs. FDP-Politiker Christian Jung: Ein Betrug mit System.
Erst kürzlich war der FDP-Bundestagsabgeordneter Christian Jung bei einer großangelegten Kontrolle des Bundesamtes für Güterverkehr (BAG) dabei. „Nach den Schätzungen der dortigen BAG-Kontrolleure sind in Deutschland mindestens 25 Prozent der in der Regel in Osteuropa zugelassenen Lkw mit einer manuell ein- und ausschaltbarer Software zur Manipulierung von digitalen Tachographen ausgerüstet“, berichtet Jung exklusiv gegenüber eurotransport.de.
Bei der mehrstündigen Lkw-Kontrolle an der A5 zwischen Freiburg und Basel hat der FDP-Politiker gleich hautnah miterlebt, wie raffiniert die Betrüger hierbei vorgehen: „Mir wurde ein Schummel-Software-Gerät gezeigt, dass ein Techniker des BAG nach 24 Stunden Arbeitszeit aus einem verdächtigen Lkw hinter einer verbauten Mikrowelle gefunden und mühsam ausgebaut hatte“, erläutert Jung.
Schätzungen seitens der Verbände bestätigt
Das Erlebte hat Jung, der zudem Berichterstatter der FDP-Fraktion für Güterverkehr und Logistik ist, nicht losgelassen. „Bei meiner weiteren Recherche innerhalb der Logistikbranche, wurden mir die Schätzungen ausdrücklich bestätigt.“ So werde etwa auch bei dem einen oder anderen Branchenverband diese Einschätzung geteilt. „Wir haben es hier mit einer technologisch auf höchstem Niveau operierenden Form von organisierter Kriminalität zu tun. Ohne spezialisierte Werkstätten und Software-Schmieden in Osteuropa geht so etwas nicht“, sagt Jung. Mit Verweis auf die Expertenmeinung der Kontrolleure geht der Bundestagsabgeordnete auch künftig von keiner Besserung aus: „Selbst bei den neuen digitalen Tachografen, die im kommenden Jahr auf dem Markt kommen, dauert es vermutlich keine sechs Wochen, bis diese gehackt sind.“
Das Ganze habe gleich in doppelter Hinsicht verheerende Folgen: Täglich gebe es in Deutschland schwere Unfälle mit Lkw, „wobei leider oft Todesfälle zu beklagen sind“. Bei vielen dieser schweren Unfälle auf Autobahnen würden die Ermittlungsbehörden immer davon ausgehen, dass ein Faktor fehlende Aufmerksamkeit war. „Dies könnte auch daran liegen, dass Lenkzeiten durch die Schummel-Software in einem bisher in der Öffentlichkeit nicht bekanntem Maße überschritten werden“, erklärt Jung. Zum anderen schädige es die deutsche Logistikbranche in beträchtlichem Maße. Denn die habe der osteuropäischen Konkurrenz, die ohnehin schon viel billiger unterwegs ist, nichts mehr entgegenzusetzen.
Jung will Kontrollparkplätze an Autobahnen
Bei der Vermutung will es der Karlsruher Bundestagsabgeordnete aber nicht bewenden lassen: „Ich sehe an dieser Stelle einen akuten Handlungsbedarf und fordere daher eine Untersuchung.“ Gegenüber eurotransport.de bekräftigte Jung, dass er eine „offizielle öffentliche Anhörung“ im Bundestag anstrebe. Sein Ziel ist „eine sehr starke Kontrolle von osteuropäischen Lkw und deren Fahrern“. Dazu gehören nach Ansicht des FDP-Politikers auch die „permanente Begutachtung von Beladungsstandards sowie der bundesweite Bau von neuen Kontrollplätzen mit Lkw-Waagen für verschiedene Ermittlungsbehörden wie BAG, Zoll und Bundespolizei“. Die gebe es in anderen europäischen Ländern schließlich auch.