Alle Fakten über Reifen

24. Okt. 2018
Von der ersten Idee eines Luftreifens bis zu den heutigen Hightech-Lkw-Reifen vergingen rund 130 Jahre. Als der schottische Fuhrunternehmer Robert William Thomson Ende des 19. Jahrhunderts den ersten Luftreifen aus aufgeblasenen Tierdärmen entwickelte, war er seiner Zeit weit voraus. So weit, dass seine Idee aufgrund mangelnder industrieller Rückendeckung erst einmal in Vergessenheit geriet. Ein möglicher Grund: Niemand hatte sich vorstellen können, dass Charles Goodyear mit dem Versuch, temperaturunempfindliche Gummiartikel herzustellen, 1839 den Grundstein für die moderne Vulkanisation gelegt hatte.
Nutzfahrzeug-Reifen sind heutzutage echte Hightech-Produkte
Doch eine gute Idee braucht zuweilen einige Zeit, um zu reifen. Und so griff der irische Arzt John Boyd Dunlop 1888 die Idee noch einmal auf und entwickelte dabei den ersten Luftreifen mit Gummilauffläche – weil er sich über die klappernden Metallreifen des Dreirades seines Sohnes ärgerte. Nur ein Jahr später präsentierten die Brüder André und Edouard Michelin 1889 den ersten luftgefüllten Fahrradreifen. Der moderne Pneu war geboren, der mit dem Einführen des ersten profilierten Autoreifens durch den Reifenhersteller Continental 1904 die nächste Entwicklungsstufe in Richtung Laufstabilität und Sicherheit nahm. Bis zum heutigen Hochleistungspneu musste der Luftreifen in den darauffolgenden gut 110 Jahren jedoch viele Entwicklungskilometer zurücklegen. Dafür verdienen moderne Radialreifen heute weit mehr als die simplen Attribute schwarz und rund. Besonders Lkw-Reifen sind heutzutage echte Hightech-Produkte, die durch ein diffiziles Zusammenspiel von Reifenbaugruppen wie zum Beispiel Laufstreifen, Stahlgürtel und Karkasse deutlich mehr Gummi auf Fahrbahnen und Baustellenuntergrund bringen – zugunsten von Laufleistung, Rollwiderstand, Durchschlagsstabilität, Geradeauslauf- und Kurvenstabilität sowie Haftung und Traktion.
Jeder Reifen ist exakt auf bestimmte Transportaufgaben zugeschnitten. Dadurch ergeben sich Zielkonflikte, die bei Design und Entwicklung eines Reifens gelöst werden müssen. Die klassischen sind: Laufleistung versus Haftung, Nasshaftung versus Rollwiderstand, Traktion versus Abrollgeräusch, Geradeauslaufstabilität versus Lenkbarkeit. So werden Reifen immer mehr zum Spezialisten für die jeweiligen Achspositionen und die unterschiedlichen Einsatzgebiete, wie etwa Fernverkehr, Nahverkehr, Stadtverkehr oder Baustellen-Zubringerverkehr. Die Entwicklung neuer Reifen ist heute dabei schon lange nicht mehr die Domäne einzelner Hersteller, sondern orientiert sich unter anderem eng an den Regelungen, Vorschriften und technischen Vorgaben der Europäischen Union. Jüngstes Beispiel: das EU-Reifenlabel, das Transporteuren und Fuhrparkleitern die Wahl des richtigen Reifens erleichtern soll. Hier gilt es, eine Balance zwischen gesetzlicher Vorgabe und Unternehmerbedürfnissen zu finden, weshalb die Entwicklung von Nutzfahrzeugreifen für Unternehmen wie Goodyear, Dunlop, Michelin und Continental auch in den kommenden Jahrzehnten mit Sicherheit ein spannendes Thema bleiben wird.