25 Jahre Sicherheitsgurt in Lkw
Seit 1992 gehören Sicherheitsgurte zur Grundausstattung neu zugelassener Lkw. Wir werfen einen Blick zurück auf die Geschichte des Anschnallgurts, die 1958 begann.
Der Volvo-Sicherheits¬ingenieur Nils Ivar Bohlin entwickelte 1958 den Dreipunktgurt. Als ehemaliger Schleudersitzentwickler kannte er die außerordentlichen Kräfte, denen der menschliche Körper bei einem Verkehrsunfall ausgesetzt ist. Während das Gurtsystem bereits in den 1960er- und 1970er-Jahren zur Grundausstattung der Pkw gehörte, wurden erst ab 1992 auch die neu zugelassenen Lkw mit diesem Sicherheitsfeature ausgestattet. Somit galt auch in Fahrzeugen für den Güterkraftverkehr die Gurtanlegepflicht.
"Und der Sicherheitsgurt ist immer noch Lebensretter Nr. 1 – auch im Nutzfahrzeug", betont Jürgen Bente, Referatsleiter beim Deutschen Verkehrssicherheitsrat (DVR). Das sieht Renate Bantz von der BG Verkehr ebenso und fügt hinzu, dass die modernen Fahrerkabinen die Überlebenschancen für den Fahrer verbessern, wenn er angegurtet ist. Doch gerade in diesem Punkt gibt es noch Potenzial, obwohl sich die Anschnallquote seit 2003 etwa verdoppelt hat.
Obwohl 1992 das Gurtanlegen im Pkw längst Gewohnheit war, kamen die uralten Gurtgegenargumente bei den Lkw-Fahrern plötzlich wieder aufs Tapet. Als 2002 die Quote der Anschnallmuffel im Lkw nach DVR-Zahlen bei über 90 Prozent lag, wurde die Organisation gemeinsam mit Partnern aktiv. "Wir haben damals die Kampagne ‚Hat’s geklickt?’ ins Leben gerufen", erzählt Bente. Dass diese heute noch läuft, zeigt aber auch, dass das Thema längst nicht gegessen ist. "Es ist auch ein bisschen die innere Einstellung dazu: 40 Tonnen, was soll mir da groß passieren?", sagt Bente.
Live erleben, wie die Schutzausrüstung wirkt
"Am sinnvollsten ist es", erklärt Bantz, "wenn die Betroffenen erleben können, wie eine Schutzausrüstung sie vor Gefahren schützt". Deshalb wurde der bekannte Gurtschlitten reaktiviert. "Ferner haben wir einen Aufprallsimulator entwickeln lassen, bei dem der Zusammenstoß bei circa zehn km/h exakt den Verzögerungen eines Frontlenkerfahrerhauses bei einem Unfall mit dieser Geschwindigkeit entspricht", erläutert Bantz.
Ein nicht minder beeindruckendes Ergebnis liefert der Überschlagsimulator, der den Fahrern realistisch die räumliche Situation bei einem Überschlag oder Kippen auf die Seite vermittle, schildert die BG-Sprecherin. Obwohl die Kabinenstruktur beim Simulator vollständig erhalten bleibt, werde darin die Schutzwirkung des Gurtes erlebbar gemacht, betont sie. Mit diesen beiden Requisiten sind die BG und der DVR bei Aktionstagen, auf Messen, auf Rastplätzen und auch bei Veranstaltungen vor Ort. "Inzwischen haben wir einen gewissen Bekanntheitsgrad", verdeutlicht Bente. So macht der DVR häufig mit der Autobahnpolizei gemeinsame Sache. Die Beamten ziehen unangeschnallte Fahrer aus dem Verkehr. Wenn der Gurtmuffel nach einem belehrenden Gespräch bereit ist, sich zum Thema Gurt informieren zu wollen, spart er das sonst übliche Verwarngeld.
Die Argumente der Gurtmuffel haben sich nicht verändert
Bantz berichtet, dass die Argumente der Gurtmuffel nach wie vor die gleichen wie zu Beginn der Kampagne seien. Dabei hat es von den Herstellern längst Aktivitäten gegeben. "So hat die BG Verkehr gemeinsam mit einem Sitzhersteller ein Praxisprojekt durchgeführt, um die optimale Höhenverstellbarkeit zu ermitteln. Bei modernen Sitzen ist dieses Argument inzwischen sicher weitgehend widerlegbar", nennt Bantz ein Beispiel. "Neben dem Überleben bietet der Gurt gerade für Lkw-Fahrer nach einer leichteren Kollision die Möglichkeit, auch weiterhin im Beruf tätig zu sein. Die im Knie auftretenden Kräfte bei einer Kollision mit 30 km/h ohne Gurt schädigen die Funktionalität nachhaltig", legt ein Sprecher der Prüforganisation Dekra dar. Und er plädiert dafür, dass die nicht Überzeugten "gegebenenfalls durch Sanktionen dazu gebracht werden, den Gurt anzulegen".
Allerdings hat sich das Anschnallverhalten schon weitgehend positiv verändert. Seit 1999 beobachtet Dekra die Gurtnutzung im Lkw über 3,5 Tonnen. "Wir sind schon auf einem guten Weg", heißt es auch vom DVR, "aber noch weit unter dem, was im Pkw-Bereich heute üblich ist".
Anschnallquote nach Erhebungen von Dekra:
1999: 5 Prozent (innerorts), 7 Prozent (außerorts, ohne Autobahn)
2008: 46 Prozent (innerorts), 59 Prozent (außerorts, ohne Autobahn)
2014: 76 Prozent (innerorts), 81 Prozent (außerorts, ohne Autobahn)